Mülheim. Mülheims Politik hat den Entwurf zum Masterplan Industrie und Gewerbe einkassiert. Das Abstimmungsverhalten der SPD sorgte für Verwunderung.
Der Donner zwischen Verwaltung und Wirtschaft um den Ausbau von Wirtschaftsflächen – dem sogenannten Masterplan Industrie und Gewerbe – ist noch nicht verhallt, da legt der Bürgerliche Aufbruch mit einem Antrag nach. Wirtschaftsdezernent Peter Vermeulen hatte eine behutsame gewerbliche Entwicklung auf neuen Flächen vorgeschlagen. Doch im vergangenen Wirtschaftsausschuss kassierte der BAMH diesen Entwurf ein – mit einiger Pikanterie und im Schulterschluss mit der SPD.
Kündigt sich – nach der erneuten Debatte über das Amt des Oberbürgermeisters – hier die nächste Personaldebatte an, diesmal mit der SPD-Fraktion im Beiboot? Denn pikant daran war nicht so sehr der Wunsch nach mehr Flächen für die Wirtschaft. Schließlich hatten auch CDU und SPD bereits gefordert, deutlich mehr Brachflächen und Grüngebiete für mögliche Gewerbestandorte prüfen zu lassen.
BAMH-Fraktion: Wirtschaftsdezernent und OB nicht in der Lage zu einer Kehrtwende
Der Bürgerliche Aufbruch will jedoch nicht nur die aktuell vorliegende Fassung „verwerfen sowie alle Arbeiten zur Weiterentwicklung dieses Plans sofort einstellen“. Der BAMH will per Antrag an den Rat auch allein die Mülheim & Business GmbH einen neuen Masterplan erarbeiten lassen. Die Art, wie die Fraktion ihren Antrag begründete, stieß nicht nur dem düpierten Dezernenten auf, sondern sorgte bei CDU und Grünen für Stirnrunzeln.
Denn dort heißt es: „Eine solche Kehrtwende ist weder von dem obersten Wirtschaftsförderer in Mülheim, Oberbürgermeister Scholten, noch von seinem Dezernenten Peter Vermeulen zu erwarten. Im Gegenteil. Die Vergangenheit und die durch Vermeulen zu verantwortende Ausarbeitung hat dies leidvoll bewiesen.“
Vermeulen reagiert säuerlich: Entzieht ihm die Politik die Zuständigkeit?
Der Wink mit dem Zaunpfahl kam beim Adressaten offensichtlich an: Vermeulen entgegnete im Ausschuss säuerlich, dass er für den aktuellen Plan bereits mit M&B und Wirtschaft zusammengearbeitet habe, aber eine GmbH nicht am Amt vorbei die Geschicke einer Stadt führen könne. Das sei die Aufgabe seines Amtes. Dann müsse der BAMH ihn schon per Ratsbeschluss der Zuständigkeit entheben.
So ähnlich sieht es der Antrag auch vor, der zur Abstimmung am 27. Juni in den Rat kommen wird: „Der Rat der Stadt Mülheim wird aufgefordert, die Mülheim & Business GmbH mit den erforderlichen Kompetenzen und Mitteln auszustatten“, heißt es in der Beschlussfassung. Somit würde die Wirtschaftsförderung federführend einen Masterplan aufstellen – und nicht die Verwaltung.
Zweifel, ob M&B personell in der Lage ist, einen neuen Masterplan zu erarbeiten
„Dazu kann nur auf die vorhandenen Kernkompetenzen, das Wissen und das Know-how der M&B GmbH zurückgegriffen werden“, argumentiert der BAMH. Indes haben Grüne und auch CDU im Ausschuss Zweifel daran geäußert, dass Mülheim & Business überhaupt personell dazu in der Lage ist, einen neuen Plan zu erarbeiten. Vielmehr müsse M&B dafür wohl Experten von Außen einkaufen.
CDU und Grüne lehnten daher den Antrag des BAMH ab, die Union stellte selbst einen Antrag mit einem gemäßigten Punkteplan. Darin sollte die Verwaltung beauftragt werden, „den vorgelegten Entwurf des Masterplanes Industrie und Gewerbe zu ergänzen bzw. abzuändern“. Und dort spielen auch sogenannte weiche Faktoren wie Lebensqualität, Bildung, Kultur und Sport eine Rolle. Axel Hercher (Grüne) unterstrich dabei, die Natur am Flughafen sei nicht anzutasten.
Überraschend trägt die SPD einen Antrag des Bürgerlichen Aufbruchs mit
Unterstützung – und somit die Mehrheit der Stimmen – allerdings erhielt der Bürgerliche Aufbruch mit seinem Antrag von SPD, FDP und MBI. Der Antrag der CDU war damit hinfällig, erklärte der Ausschussvorsitzende. Der Schulterschluss der SPD mit der Fraktion aus ehemaligen AfD-, CDU- und MBI-Mitgliedern sorgte für konsternierte Blicke bei CDU und Grünen. SPD-Bürgermeisterin und Ausschussmitglied Margarete Wietelmann antwortete mit einer rechtlichen Formalia: „Wir stimmen nur über den Beschluss ab, nicht über die Begründung.“