Styrum. . Die Baustelle der Thyssenbrücke in Mülheim wird im Mai wohl abgeschlossen. Kleinteilige Arbeiten folgen nun – ungelöst: der Streit um die Kosten.
Ralf Grunert tippt auf das noch bleiche Geländer und untersucht einen Pfosten, unter dem Mörtel fehlt. An einem Laternenmast klafft noch die Kabeltür auf. Es sind die letzten Arbeiten, die auf der neuen Thyssenbrücke anstehen, bis der Bauleiter die Baustelle im Mai nach mehr als zwei Jahren abschließen kann.
Etliche Arbeitsstunden hat das Großprojekt in Styrum die mehr als 50 beteiligten Firmen gekostet und mit knapp 30 Millionen den Steuerzahler eine Menge Geld, einiges mehr als geplant. Seit Januar 2017 hat sich rund um die Oberhausener Straße einiges verändert. Vorarbeiten liefen schon ein Jahr zuvor, als erstes die Rodung der Bäume. Mittlerweile ist der Großteil des Projektes abgeschlossen, seit Ende November fahren Autos und Straßenbahn wieder – nach langer Zeit mit viel Stau und Geduld. „Es war zeitweise keine zufriedenstellende Verkehrssituation“, gesteht Holger Hullerum, der mit Grunert das Bauprojekt leitet.
Eine Autospur Richtung Styrum wird noch angelegt
Nun sind auf der Brücke in Richtung Innenstadt zwei Spuren, auf der Gegenseite verläuft bislang nur eine Spur über die Schienen, wo die Linie 112 unterwegs ist. Die Autospur wird später noch verlegt, wo aktuell noch die Baustelle eingerichtet ist. Auf der Südseite müssen noch die Stützwände fertiggestellt werden. Auf einer alten Stützwand mussten 1,50 Meter ergänzt werden, damit dort am Ende Geländer für die Fußgänger angebracht und Rasenflächen angelegt werden können. Im Frühling werden Blumenzwiebeln gesät. Auf der anderen Seite, in Richtung Innenstadt, wurden seit Herbst Bohrpfähle gesetzt und 20 Meter tief in der Wand verankert. Bis April soll hier die letzte Stützwand fertig sein, bevor Geländer und noch fehlende Befestigungsmaste für Kabel gesetzt werden.
Die Geländer, die noch folgen, bekommen ebenfalls blaue Farbe. Unter die Geländerpfosten kommt bei wärmeren Temperaturen zur Befestigung noch Epoxidharzmörtel als Fundament. Apropos Fundament: Das ist für die Ampeln, die bis Mai fest installiert sein sollen, teilweise schon gesetzt. Das, was vorbereitet werden konnte, wurde getan. „Es sind einzelne Schritte, die nach und nach gemacht werden müssen“, gibt Ralf Grunert zu bedenken. Termine mussten abgestimmt und eingehalten werden. Die schwierigste Phase? „Von vorne bis hinten“, sagen die beiden Projektleiter lachend. Grunert gibt mit Hinblick auf die zunächst fehlenden sieben Zentimeter an der neuen Brückenkonstruktion zu: „Der Fehler war schon der Gau.“ Die Karnevalisten nahmen die Thyssenbrücke deshalb am Rosenmontag aufs Korn.
Mehrkosten: Baudezernent rechnet mit 4 Millionen Euro
Weiter unklar ist, wer nach Abschluss der Baustelle für die Kosten der Mängelbeseitigung aufkommen muss. Stand jetzt: Erst mal die Stadt als Auftraggeberin, die sich das Geld wiederholen will – womöglich über einen Rechtsstreit. Neben der verzogenen Brückenkonstruktion sprach die Deutsche Bahn von Mehrkosten im sechsstelligen Bereich und auch die Nahverkehrsunternehmen Stoag und Ruhrbahn meldeten sich bei der Stadt.
„Ich gehe von vier Millionen Euro aus“, schätzt Baudezernent Peter Vermeulen die Summe, die zur ursprünglichen Kalkulation hinzugerechnet werden muss. Ob Stadt, Baufirma oder die Planer für die zusätzlichen Kosten aufkommen müssen, wird laut Vermeulen erst ab Mai geklärt: „Wenn wir alle Rechnungen haben und die Gesamtschadensumme feststeht.“
Die Baustelle befindet sich nun im Endspurt, liegt gut im Zeitplan, wie die Verantwortlichen sagen. Vermeulen lobt die beiden Projektleiter und sagt: „Es tut mir leid um die Nerven, die sie das Projekt gekostet hat.“
>> ERSTE HAUPTUNTERSUCHUNG DER BRÜCKE
Wenn das Bauprojekt der neuen Thyssenbrücke fertig ist, erfolgt gleichzeitig mit der Abnahme auch die erste Hauptuntersuchung. In der Sperrpause der Deutschen Bahn
im Sommer wird die Brücke zudem auf ihrer Unterseite auf Hohlräumen geprüft.
Während der Bauphase wurde der Boden auf rund 13 Kilometern in Breite und Tiefe nach möglichen Bomben untersucht. Zwei Verdachtsstellen entpuppten sich als alte Eisenstangen. Außerdem wurden alte Kabel und Gasleitungen in Baugruben gefunden.