Mülheim. . Über Ruhrfutur gelangen Hilfen, Anregungen und Ideen in die Lehrer- und Klassenzimmer. 23 Schulen profitieren in Mülheim – und die Frühförderung.
Ein Schlüssel zum Bildungserfolg heißt in Mülheim – „Ruhrfutur“. Seit 2012 gibt es diese Bildungsinitiative, von der in Mülheim 17 Grundschulen und sechs weiterführende Schulen bereits profitiert haben oder noch werden. Mit Hilfe der Initiative wollen die Lehrer ihr Angebot an den Schulen besser, leistungsfähiger machen, so dass am Ende für die Kinder eine größere Chancengleichheit und ein höherer Lernerfolg stehen. „Wir versuchen von der Geburt bis zum Berufseintritt eine hohe Bildungsqualität hinzubekommen“, sagt Dezernent Ulrich Ernst. Er sieht in Ruhrfutur eine großartige Initiative.
Stärken der Schüler stärken
Was macht Ruhrfutur mit den Schulen und Lehrern? Sie verändert das Lernen und Lehren. Die Einrichtung, die von der Mercator-Stiftung gefördert wird, finanziert zum Beispiel Trainings, Schulungen. Sie vermittelt Schulberater von Agenturen, die Schulleiter weiter qualifizieren, die didaktische Kurse veranstalten, damit Unterricht besser wird. Sie liefert Ideen in die Schulen, sie macht Mut, mit alten Gewohnheiten zu brechen. „Letztlich wollen wir herauszufinden, was ist für meine Schule und meine Schüler wichtig“, sagt Simone Dausel, Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule Styrum, die sehr froh ist, dass das an sich träge System Schule diese Unterstützung bekommt. Am Ende geht es immer darum, dass Schüler mehr lernen, dass ihre Stärken gestärkt werden. Das „Wie“ mag in Styrum anders aussehen als in Saarn.
Aus „Müssen“ soll „Wollen“ werden
Das hat auch etwas mit den Elternhäusern zu tun. Deshalb verfolgt Ruhrfutur das Ziel, Eltern als gute Lernbegleiter zu gewinnen. „Eltern sind die Experten für ihre Kinder“, sagt Ulrike Sommer, Geschäftsführerin von Ruhrfutur.
Die Realschule an der Mellinghofer Straße profitierte bereits von Ruhrfutur. Dort arbeitet man etwa in sogenannten Lernbüros, in denen sich Schüler selbst Aufgaben nehmen. Klassenverbände werden für die Lernbüros aufgelöst, mehrere Lehrer arbeiten in den Büros mit den Schülern über einen Zeitraum von drei Wochen. Motivation durch Kompetenz, sagt Schulleiterin Judith Koch, zum Lernziel. Aus „Müssen“ soll „Wollen“ werden. Aus Ideen von Ruhrfutur werden so Projekte, die jedoch keine Strohfeuer seien, wie Judith Koch betont.
Mehr an Qualifizierung
Andere Schulen steigen bei Ruhrfutur erst ein, etwa die Luisenschule, die den Titel Sportschule NRW tragen darf. Doch irgendwie fehle im Schulalltag noch der rote Faden, sagt die neue Schulleiterin Dr. Heike Quednau. Ihr schwebt eine „bewegte Schule“ vor. Doch wie macht man das? Von Ruhrfutur erhofft sie sich Ideen und Unterstützung.
Schulen müssen immer mehr leisten, stehen unter immer größeren gesellschaftlichen Anforderungen, sind fast immer im Umbruch, erhalten immer neue Aufgaben, sehen sich neuen Erwartungen gegenüber, die Lehrerkollegien erleben dabei derzeit eine Verjüngung. „Bei uns herrscht eine richtige Aufbruchstimmung“, sagt der neue Schulleiter an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule, Thomas Ratz. Es ist mit 1700 Schülern die größte Schule in Mülheim. „Wir wollen neue Strukturen an unserer Schule aufbauen, Schule des gemeinsamen Lernens sein, wir wollen mehr Qualifizierung, mehr das Lehrerkollegium und die Schülervertretung an den Veränderungen beteiligen“, listet Ratz auf und gesteht: Ruhrfutur könnte für uns ein Glücksfall sein, wenn Fachleute die Schule bei dem Umbruch professionell begleiten.
Erziehungskompetenzen stärken
Die Schulen verstehen sich in Mülheim immer mehr als großes Team, auch das ist eine Folge durch Ruhrfutur. In regelmäßigen Treffen wird weitergegeben, was sich zur Nachahmung empfiehlt und was eher nicht. „Unser Ziel ist es: Wie bekommen wir gemeinsam alle Kinder auf den richtigen Weg“, fasst Sabine Dilbat, Leiterin der Realschule Stadtmitte, zusammen.
Dieser Weg beginnt bereits vor dem ersten Schuljahr. Die Initiative engagiert sich daher in der frühkindlichen Bildung. Auch da geht es insbesondere darum, Erziehungskompetenzen der Eltern zu stärken, wie Birgit Hirsch-Palepu vom Diakonischen Werk, sagt. „Wir wollen früh Kinder in die Bildungskette einspeisen.“ Dazu gehören Sprachkompetenzen. In zwei sogenannten Kinderstuben – am Klöttschen und an der Oberheidstraße – wird diese Basisförderung sehr intensiv und erfolgreich betrieben mit jeweils drei Tagespflegekräften und einer sozialpädagogischen Mitarbeiterin.
Auf Entwicklungen reagieren
Mit 1,8 Millionen Euro hat die Mercator-Stiftung die Bildungsinitiative bisher unterstützt. Ferner sind das Land, neben Mülheim fünf weitere Städte, der Regionalverband Ruhr und die Universitäten des Ruhrgebietes beteiligt. Bis 2022 ist die Initiative angelegt. Der scheidende Bildungsdezernent Ulrich Ernst würde sich wünschen, wenn Ruhrfutur eine dauerhafte Einrichtung werden würde. Denn Aufgabe und Ziel von Schule ist es immer auch gewesen, auf aktuelle Bedingungen und Entwicklungen der Gesellschaft zu reagieren – und da gibt es nie Stillstand.
>>>Ruhrfutur setzt früh in der Bildungsarbeit an
- Ruhrfutur ist in Mülheim eingebunden in „MH/0/25“ – dahinter steht der Bildungsweg von der frühkindlichen Betreuung bis zum Berufseintritt. Oberstes Ziel ist es zunächst: für alle Kinder gleiche Bildungschancen zu schaffen.
- Systematisch arbeiten in Mülheim mehrere Stellen daran, dass der Übergang von der Kita in die Grundschule gelingt. Dies ist nicht einfach, da die sozialen Startvoraussetzungen in den Familien sehr unterschiedlich ausfallen. Es gibt unter anderem sehr niederschwellige Brückenangebote, mit denen gerade zugewanderte Kinder an das Schulsystem herangeführt werden.
- Eine Besonderheit an Ruhrfutur ist, dass die Schwerpunkte je nach Bedarf gemeinsam mit den Schulen gesetzt werden.