Mülheim. . Wird das Bürgerbegehren zum Erhalt des VHS-Gebäudes in der Müga von Verwaltung und Politik nicht anerkannt, will die Initiative klagen.

Ist das Bürgerbegehren zum Erhalt der VHS am alten Standort rechtens oder nicht? Ihre Antwort darauf will die Verwaltung bis zur Ratssitzung am 30. August zu Papier bringen. „Wir setzen alles daran, dass das Prüfverfahren zum Bürgerbegehren bis dahin abgeschlossen ist und das Thema in den Rat wandern kann“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels.

„Wenn das Prüfverfahren erledigt ist, kann der Rat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden.“ Nach der Rechtsauffassung der Verwaltung richtet sich das Begehren allerdings gegen einen Ratsbeschluss vom 7. Dezember 2017. So sei es verfristet eingereicht worden.

Stadtrat gab Gutachten für 900 000 Euro in Auftrag

Im September 2017 ist das VHS-Gebäude an der Bergstraße wegen Brandschutzmängeln geschlossen worden. Die Stadt lässt auf Beschluss des Stadtrates nun ein Gutachten für rund 900 000 Euro erstellen, in dem geklärt werden soll, wie die wirtschaftlichste Lösung für eine künftige VHS aussieht. Die Ergebnisse des Gutachtens erwartet die Stadt erst im Sommer des nächsten Jahres. Vier Optionen werden durchgerechnet: Neben der Renovierung des bestehenden Gebäudes in der Müga ist das ein Neubau an derselben Stelle, zudem die Möglichkeit, einen Neubau an anderer Stelle – auf städtischem oder privatem Grund – zu errichten, sowie die Anmietung von Räumen, so wie es gerade für die Interimslösung an der Aktienstraße passiert.

Für die Initiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ kommt nur eine Lösung infrage: die Sanierung in der Müga. Seit Mai hatte die Initiative Bürger mit Hilfe von Unterschriftenlisten gefragt: „Sollen VHS-Grundstück und -Gebäude in der Müga im Eigentum und Besitz der Stadt Mülheim bleiben und der VHS-Betrieb dort wieder aufgenommen werden?“ Rund 10 000 Mülheimer haben das Begehren unterstützt. „Deutlich mehr als das Quorum“, sagt Paul Raasch von der Initiative: „6700 Unterschriften waren avisiert.“

Bürgerentscheid bräuchte rund 13 400 Unterstützer

Sollte sich der Stadtrat dem Bürgerbegehren nicht anschließen, strebt die Initiative einen Bürgerentscheid an, der etwa 13 400 Stimmen benötigt, um erfolgreich zu sein. Das hieße dann: Der Bürgerwunsch ist umzusetzen.

Die Bürgerinitiative hat in der Vorwoche erneut zusammengesessen und über ihr weiteres Vorgehen beraten. Erich Bocklenberg, der ehemalige Chef der Mülheimer Denkmalbehörde, der sich für den Erhalt der VHS stark macht, kündigt an: „Wir bleiben beharrlich. Juristisch sind wir abgesichert dadurch, dass wir mehr als genug Unterschriften bekommen haben.“

Architekt Dietmar Teich würde wieder so bauen

Sollte nun der Rat das Begehren für unzulässig erklären, will die Bürgerinitiative vor das Verwaltungsgericht ziehen, um ihr Anliegen durchzusetzen. Das wird Geld kosten, ist man sich auf der Sitzung einig. „Wir sind auf Förderer und Spender angewiesen“, sagt Bock­lenberg, ein Spendenkonto sei bereits eingerichtet.

Dr. Norbert Greger, ehemaliger Leiter der VHS.
Dr. Norbert Greger, ehemaliger Leiter der VHS. © Herbert Höltgen

Ideelle Förderer hat sich die Bürgerinitiative längst ins Boot geholt: Der erste VHS-Leiter, Norbert Greger, und der Architekt des Gebäudes, Dietmar Teich, waren jetzt zu Gast bei der Mitgliederversammlung. Beide, sowohl der ehemalige Leiter als auch der Architekt, betonen die Funktion des Gebäudes an der Bergstraße als Kommunikationszentrum. Zwar habe er das Gebäude an der Aktienstraße, das jetzt als Interimslösung für die VHS genutzt wird, noch nicht besucht, sagt Architekt Teich, ist aber sicher: „Diese Funktion des Ineinanderfließens kann dort nicht gegeben sein, ich sehe da keine Kommunikationsfläche.“

Norbert Greger sagt: „Die Gesellschaft ändert sich, aber die Hauptsache bleibt das Angebot an Erwachsenenbildung. Die Möglichkeit, Defizite auszugleichen.“ Das sei in Gefahr, werde die ursprüngliche VHS aufgegeben. Würde denn Architekt Teich die VHS heute, knapp 40 Jahre nach ihrer Eröffnung, noch einmal genauso konzipieren? „Vom Inhalt und der Zuordnung von Funktionsgruppen sowie von der kulturellen Idee her: ja.“

>> LANDESWEIT SPITZE BEI BÜRGERBEGEHREN

Mit dem neunten Bürgerbegehren, das das Engagement der Initiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ darstellt, belegen die Mülheimer landesweit einen Spitzenplatz.

Beim ersten Bürgerbegehren in Mülheim ging es um den Erhalt der Stadtteilbibliotheken. Später setzten sich Bürger erfolgreich für den Erhalt des Freibades Styrum, heute Naturbad, ein.

„Stoppt den Ausverkauf“ war der Titel des 2005 erfolgreichen Bürgerentscheids gegen Privatisierung, der zwei Jahre später noch einmal erfolgte. Ebenfalls zwei Begehren gab es zur Stadtplanung am Ruhrufer: Erhalt der Ostruhranlagen und Ablehnung der ersten Ruhrbania-Entwürfe.

Ein großer Erfolg wurde der Bürgerentscheid für den Erhalt der Hauptschule Bruchstraße. Das Bürgerbegehren gegen eine weitere Beteiligung von Innogy an der Medl scheiterte.