Mülheim. Immer wieder springen junge Leute in die Ruhr, gerade erst starb ein Mann im Fluss. Ordnungsamt schreitet ein, DLRG sorgt sich um Nichtschwimmer.

Der Tod eines jungen Mannes in der Ruhr bewegt viele, wühlt auf, und mancher fürchtet, dass dies nicht der letzte Todesfall im Fluss gewesen ist. Obwohl verboten, gehen an warmen Tagen immer mehr Menschen in die Ruhr. „Insbesondere Jüngere nutzen das Hafenbecken und die Ruhr als Sprung- und Schwimmbecken. Verstärkt wird nun auch vom Stadtsteiger in die Ruhr gesprungen. Zumeist auch noch voll bekleidet“, berichtet ein Anwohner der neuen Ruhrpromenade und fragt sich, warum Polizei und Ordnungsamt nicht einschreiten.

„Wenn wir so etwas sehen, schreiten wir ein“, sagt Polizeisprecherin Judith Herold, gibt aber zugleich auch zu bedenken: „Wir können nicht vor allen Gefahren schützen.“ Die Ruhr gilt als unterschätzter Fluss, wie Stadtsprecher Volker Wiebels sagt. Zwar sei der Fluss nicht besonders tief, aber die Strömung unberechenbar. Das städtische Ordnungsamt erhalte immer wieder Hinweise auf Leute, die von Brücken springen oder es wollen. „Wir gehen in solchen Fällen vor Ort“, lässt Kerstin Kunadt vom Ordnungsamt ausrichten. Doch für eine umfangreiche Kontrolle in den Sommermonaten fehle der Stadt das Personal. Daher baut man im Rathaus auch auf die Wasserschutzpolizei in Duisburg.

Wasserschutzpolizei betreut riesiges Wegenetz

Die hat jedoch ein riesiges Gebiet zu betreuen: 900 Kilometer Wasserstraße, wie Jacqueline Grahl, Sprecherin der Polizei in Duisburg, sagt. Ruhr, Rhein, Weser, Ems, dazu die Kanäle. „Wir fahren regelmäßig auf der Ruhr Streife und sind auch an den Ufern am Land unterwegs“, berichtet sie. Je nach Witterung werde die Intensität der Streife angepasst. Die Wasserschutzpolizei sieht eine der größten Gefahren darin, dass die Menschen zu nahe an Schiffe heranschwimmen. „Die Sogkraft eines Schiffes wird völlig unterschätzt.“ Schwimmer in Schiffnähe würden denn auch immer sofort gewarnt und zur zügigen Umkehr aufgefordert. Wer in die Sogkraft eines größeren Schiffes gerate, sei in akuter Gefahr, so Jacqueline Grahl. Man müsste schon 80 Meter tauchen können, um da wieder rauszukommen.

Regelmäßig Patrouillen auf der Ruhr fahren auch die Mitglieder der DLRG Rettungswacht. Vor allem an Wochenenden, bei Veranstaltungen und bei gutem Wetter ist sie unterwegs. Die DLRG war jetzt auch bei der Suche nach dem jungen Mann beteiligt. „Wir sind jedoch ehrenamtlich und freiwillig aktiv“, sagt der Bezirksleiter der DLRG und Ratsherr Werner Oesterwind. Hoheitliche Aufgaben wie Verwarnungen oder Verweise könne die DLRG daher nicht vornehmen. Was ihnen bleibe, seien Appelle an die Vernunft, so Oesterwind. Dazu zähle: Nie in unbekannte Gewässer springen.

Die Stadt bräuchte ein weiteres Schwimmbad

Menschen, die in die Ruhr springen, auch von Brücken, habe es aber schon immer gegeben, sagt der Bezirksleiter. „Die Leute sind heute nicht leichtsinniger oder mutiger als früher.“ Was ihn vor allem sorgt, ist die wachsende Zahl von Nichtschwimmern. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des DLRG ergab, dass knapp 24 Prozent der deutschen Bevölkerung nach eigenen Angaben gar nicht oder nur schlecht schwimmen kann.

In Mülheim unterstützen die DLRG und der Mülheimer Sportservice mit Kursen und speziellen Angeboten die Schulen bei der Schwimmausbildung. „Wir müssen natürlich auch sehen, dass wir in Mülheim einen großen Mangel an Wasserflächen in Schwimmbädern haben“, sagt Oesterwind. Im Ruhrgebiet belege Mülheim den letzten Platz, was Wasserflächen angehe.

Rein fachlich gesehen, bräuchte die Stadt dringend ein weiteres Schwimmbad, „und damit meine ich nicht den Neubau des Wennmann-Bades“, so der DLRG-Vorsitzende. Ein weiteres Bad, gerade auch für die Schulen und Vereine, im Saarner Umfeld, wird seit Jahren als notwendig angesehen und gefordert. Es fehlt das Geld. Oesterwind: „Wir müssen uns auch fragen: Was ist ein Menschenleben wert.“

>>> Projekt ließe sich in vier Jahren realisieren

In einer guten Schwimmausbildung sehen alle Fachleute die beste Vorbeugung gegen Badeunfälle. Im Rahmen der von Alt-OB Dagmar Mühlenfeld angestoßenen Leitbild-Debatte zu Mülheim gab es auch eine Arbeitsgruppe um Manfred Peppekus, die einen Weg zu einem weiteren Schwimmbad aufzeigte.

Der Standort läge in Saarn. Mit der Schwimm- und Wassersport gGmbH (SWiMH) präsentierte die Arbeitsgruppe einen Betreiber. Ein Sponsor sagte Hilfe zu. Nach Berechnungen der Arbeitsgruppe ließe sich das Projekt innerhalb von vier Jahren realisieren. Derzeit liegt das Vorhaben auf Eis – kein Geld.