Mülheim. . Mülheims Stadtverwaltung hat in scharfer Weise den Vorstoß von SPD, Grünen und MBI abgekanzelt, mehr ÖPNV-Angebote zu schaffen. Die wehren sich.

  • In der Debatte um die Zukunft des ÖPNV geraten Verwaltung und politische Mehrheit offen in Konflikt
  • Stadtverwaltung brüskiert SPD, Grüne und MBI: Ihr Konzept sei fachlich mangelhaft und kostspielig
  • Das Dreierbündnis setzt dennoch durch, dass das Verkehrsdezernat Ideen in ihre Richtung entwickelt

Das Verkehrsdezernat von Peter Vermeulen hat in auffallend scharfer Weise die politische Initiative von SPD, Grünen und MBI brüskiert, eine Kehrtwende in Mülheims ÖPNV-Debatte einzuleiten mit dem Ziel, über ein qualitativ ausgeweitetes Nahverkehrsangebot mehr Nachfrage zu schaffen. Am Ende einer hitzigen Debatte im Mobilitätsausschuss zwang die politische Mehrheit die Stadtverwaltung nun zumindest, diese Option offenzuhalten.

SPD, Grüne und MBI hatten im März ein ÖPNV-Konzept in die politische Diskussion eingebracht, die die bisherigen Pläne zum Abbau von Straßenbahn-Infrastruktur und Linien-Angebot auf den Kopf zu stellen suchte. Nicht nur waren die Rückkehr zum Zehn-Minuten-Takt bei den Straßenbahnen und der Bau einer Trasse nach Saarn Bestandteil des Konzeptes, sondern etwa auch eine komplette Neugestaltung des Busnetzes – samt Ringbuslinien und wieder bessere Anbindung von Rumbachtal und Mintard.

Niederschmetternde Wertung der Verwaltung

Offensichtlich überraschend gab Verkehrsdezernent Vermeulen für den Mobilitätsausschuss schon jetzt eine niederschmetternde Wertung der Verwaltung zum vorgelegten Konzept der neuen ÖPNV-Koalitionäre frei. Die komplette Neuordnung des Busnetzes, so der Tenor der Wertung, mache fachlich keinen Sinn und führe zu erheblichen Kosten. Etwa bedienten die Ringbuslinien in großen Teilen Strecken, die kaum Nachfrage erwarten ließen. Teilweise sollten Busse im 20-Minuten-Takt auf Strecken verkehren, für die eine geringe Nachfrage festzustellen sei. Demgegenüber fänden wichtige Verbindungen, etwa die zwischen Saarn und Luisenschule in der City, keine Berücksichtigung mehr. Verwaltung und MVG rechnen bei einer Umsetzung des Konzeptes gar mit Fahrgastverlusten.

19 neue Busse seien anzuschaffen, das koste weitere rund 13,5 Millionen Euro. Für die vorgeschlagenen Linienführungen seien zudem an fast 60 Haltestellen neue Bussteige nötig. Insgesamt, so die vernichtende Kritik aus Vermeulens Dezernat, könne man die aufwendige Umstrukturierung des Netzes, die SPD, Grünen und MBI vorschwebt, ohnehin nicht mehr in die aktuelle Nahverkehrsplanung aufnehmen. Sonst sei die Direktvergabe an die MVG und damit der Bestand der MVG gefährdet.

Essen und Duisburg zeigen, wie es gehen könnte

Letztgenanntes Argument ließ das Dreierbündnis gelten. Doch abbügeln ließ es sich nicht. Mit Zustimmung auch der Linken zwangen SPD, Grüne und MBI Verwaltung und MVG dazu, zumindest die Option zu einer Angebotsausweitung im Nahverkehrsplan zu verankern. Bessere Takte, mehr Direktverbindungen sowie Verbesserungen bei Anschlüssen und Umstiegszeiten – dazu soll ein Maßnahmenkatalog her, der die Direktvergabe nicht behindert. Die Städte Essen und Duisburg, hieß es, hätten schon vorgemacht, wie so etwas gehen könne.

Daniel Mühlenfeld (SPD) warf dem Verkehrsdezernat eine „Verzögerungstaktik“ vor, die zum Ziel habe, die Initiative für ein qualitativ höherwertiges Angebot auszubremsen. Er blieb unerwidert. Offensichtlich ist der Disput: Die Verwaltung ist nicht gewillt zur Abkehr von ihrer Marschroute, den hochdefizitären Nahverkehrsbetrieb durch Angebotskürzungen schlanker aufzustellen. Die politische Mehrheit gibt ihr deutliches Contra, nach dem Motto: Mehr Angebot schafft mehr Nachfrage.