Mülheim/Ruhr. . Die 42. „Stücke“-Tage drehen sich vom 13. Mai bis zum 3. Juni um das Thema Gewalt. Sieben Autoren sind beim Mülheimer Dramatikerpreis nominiert.
- Sieben Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stellen sich der Jury
- Formen der Gewalt und der Drang nach gesellschaftlicher Veränderung sind zentrale Themen
- Spielorte sind die Mülheimer Stadthalle, das Theater an der Ruhr und der Ringlokschuppen
In der Keimzelle deutscher Befindlichkeit rumort es kollektiv. Rechtspopulisten rücken zunehmend in die Mitte, die Angst vor Terror-Anschlägen, Krisen, Armut und Abstieg nährt den Boden für die diffuse Besorgtheit einer nervösen Gesellschaft.
Den Erschütterungen unserer Zeit spürt das Theater wie ein Seismograph nach. Vielschichtig angelegt, sind die Formen der Gewalt und der Drang nach gesellschaftlicher Veränderung die zentralen Themen der 42. Mülheimer Theatertage vom 13. Mai bis 3. Juni.
NRW-Kulturstaatssekretär Bernd Neuendorf sprach von einem „spannenden Festival, das im Hinblick auf die drängenden Fragen der Zeit an „gesamtgesellschaftlicher Bedeutung nicht zu unterschätzen ist“.
Eingeladen zum Wettbewerb um den renommierten Mülheimer Dramatikerpreis (15 000 Euro) sind sieben Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Darunter drei bekannte Gesichter wie Mülheim-Kennerin Elfriede Jelinek, Anne Lepper und Ferdinand Schmalz. Mit Olga Bach, Clemens J. Setz, Milo Rau und Konstantin Küspert beackern vier Mülheim-Debütanten die Themenfelder literarischer Art.
Die europäische Geschichte der Gewalt
In „Wut“ bringt Elfriede Jelinek mit 114 Seiten auf der Folie der Terroranschläge von Paris das bedrohliche Rauschen unserer Zeit auf den Punkt. Reale Gewalt- und Kriegserfahrungen verhandelt auch Milo Rau in „Empire“, dem dritten Teil seiner Europa-Trilogie, die sich zu einem Mosaik von Flucht-, Vertreibungs- und Exilerzählungen verdichtet.
Die europäische Geschichte der Gewalt verwebt Konstantin Küspert mit den Stimmen von Europa-Befürwortern und Kritikern: „Europa verteidigen“, heißt sein Stück.
Die paradiesischen Zustände kippen bei Olga Bach in Erbarmungslosigkeit: In „Die Vernichtung“ lässt die Autorin vier privilegierte, gelangweilte junge Leute in faschistoide Ideologien abdriften – samt Freude am brutalen Exzess.
Zwischen Wellness und Marktwirtschaft
Für seine ironisch-lakonische Art ist der Österreicher Ferdinand Schmalz bekannt. In „Der thermale Widerstand“ schickt er im Kurbad einen aufrührerischen Bademeister an den Beckenrand. Am System Wellnesstempel schlägt die Marktwirtschaft in ihren Widersprüchen kurios die Welle.
Grotesk geht’s bei Clemens J. Setz zur Sache. In seinem Theater-Erstling „Vereinte Nationen“ zeigt er eine Kleinfamilie mit einem besonderen Geschäftsmodell, indem Eltern die Bestrafungen ihrer kleinen Tochter filmen und verkaufen: Ein Stück über Privates, Öffentliches und den Missbrauch. Als bitterer Befund unserer Gesellschaft kommt schließlich das „Mädchen in Not“ von Anne Lepper in einer düsteren Puppenwelt daher, in der die „Gesellschaft der Freunde des Verbrechens“ die Strippen ziehen.
>>> KARTEN UND SPIELORTE
Spielorte sind die Mülheimer Stadthalle, das Theater an der Ruhr und der Ringlokschuppen. Nach den Vorstellungen gibt es die Möglichkeit, Autoren und Ensembles bei den moderierten Publikumsgesprächen kennenzulernen.
Die öffentliche Debatte zur Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises findet im Anschluss an die letzte Vorstellung am 3. Juni, ca. 22 Uhr, statt und wird online übertragen. Auch bei den Kinder-Stücken tagt am 19. Mai, 13 Uhr, eine Jury.
Karten : bei allen AD-Ticket-Vorverkaufsstellen, 0180-6050400 (0,20 € /Anruf, mobil max. 0,60 €), online unter www.adticket.de, weitere Info: www.stuecke.de