Mülheim. Nager waren in schlechtem Zustand in einer Wohnung und einem Wohnmobil gefunden worden. Fürsorge kostet viel Geld. Streit mit Haltern dauert an.

Mindestens 50.000 Euro, eher mehr, sind bereits angefallen für die Rund-um-Versorgung der knapp 400 vernachlässigten Chinchillas, die die Stadt im November und Dezember sichergestellt hat. Laut Stadtsprecher Volker Wiebels passiert es regelmäßig, dass Tiere aus unhaltbaren Zuständen beschlagnahmt werden müssen, „so kürzlich sieben Pferde“. Die Kosten, die dann anfielen, summierten sich rasch. Auch jetzt müssen wieder Futter, Tierarzt und Betreuung bezahlt werden, die Säuberung der Käfige, das Heizen der Räume, das Kastrieren der Böckchen. . .

Die Pferde sind vermittelt; nun sollen die Chinchillas in gute Hände kommen. 100 der Nager sind an Tierheime anderer Städte gegangen, einige weitere wurden von Privatleuten aus dem Mülheimer Tierheim abgeholt. Dort, an der Horbeckstraße, lebt allerdings nur eine Handvoll der flauschigen Geschöpfe, die allermeisten befinden sich laut Wiebels weiter an einem Ort, der geheim gehalten wird. „In einem leerstehenden städtischen Gebäude“ kümmern sich zwei eigens eingestellte Kräfte um sie.

Halter haben Klage angekündigt

Die rund 300 Tiere können dort aber nicht frei laufen, müssen in Käfigen bleiben – auf Dauer sei das nicht artgerecht. So müsse man sie nun schnellstmöglichst abgeben. Das Tierschutzgesetz schreibe besagte artgerechte Haltung vor. Das Vorgehen sei daher geboten – selbst wenn die Auseinandersetzung mit den früheren Haltern, die die Tiere wohl für die Pelzherstellung züchteten, andauert. Laut Wiebels haben sie Klage angekündigt gegen das Verbot, weiter (Nage-)Tiere halten und betreuen zu dürfen. Eine Züchterin aus Gelsenkirchen und ihre in Mülheim lebende Tochter stehen im Mittelpunkt der Vorkommnisse; inwieweit sie auch strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten haben, ist noch unklar.

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Mitte November hatten Mitarbeiter des Gelsenkirchener Veterinäramts zunächst 122 vernachlässigte Chinchillas in einer Wohnung in Hassel entdeckt, die dem Lebensgefährten der Gelsenkirchenerin – einem Mitarbeiter der Polizei – gehören soll. Ende November befreiten Kollegen des Mülheimer Amtes dann 340 geschundene Nager aus einem von der Tochter bewohnten Haus am Nachbarsweg. Im Dezember wurden 53 Tiere in einem nahe des Saarner Flüchtlingsdorfs abgestellten Wohnmobil sichergestellt, welches ebenfalls dem Lebensgefährten gehören soll. Auch beim Verkauf von 26 Tieren in Paderborn war die Frau aufgefallen.

Laut Wiebels lebten die Tiere in Käfigen, die zu eng waren. Zu viele von ihnen wurden auf kleinstem Raum gehalten. Es gab falsches Futter oder zu wenig, Wasser fehlte. Folgen waren unter anderem Durchfall und Bissverletzungen.

>>> INFO: Tagsüber schlafen Chinchillas am liebsten

Wer sich für einen oder mehrere Chinchillas interessiert, wendet sich unter 0208 / 37 22 11 ans Tierheim, Horbeckstraße 35.

Laut Tierheimleiterin Marion Niederdorf brauchen die aus Südamerika stammenden Tiere mindestens zwei Meter hohe Käfige und eine Möglichkeit, im Haus frei laufen zu können. Spezielles, nährstoffarmes Futter sowie regelmäßig Blüten, Blätter, Heu und natürlich Wasser sind wichtig, ebenso sehr feiner Sand für das Bad zur Fellpflege.

Die dämmerungsaktiven, nicht immer leisen Tiere lassen sich erst streicheln und auf den Arm nehmen, wenn sie ihre Besitzer gut kennen. Sie können 20 Jahre alt werden und sollten mindestens zu zweit gehalten werden.