Mülheim. Mülheims Katholiken wollen sich Zeit nehmen für ihre Sparpläne. Stadtdechant Michael Janßen bleibt gelassen: In den kommenden zweieinhalb Jahren stehe erst einmal nur Nachdenken auf der Agenda.
Die Kirchengemeinden im Ruhrbistum sollen bis 2020 rund 30 Prozent ihrer Ausgaben einsparen und bis 2030 sogar 50 Prozent. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck will damit auf die sinkenden Einnahmen aus der Kirchensteuer sowie den zunehmenden Mangel an Priestern, Pastoral- und Gemeindereferenten reagieren (wir berichteten). Die Zahlen hören sich alles andere als gut an – doch ganz so dramatisch, wie man vermuten könnte, sei die Lage nicht, betont Mülheims Stadtdechant Michael Janßen. Er findet beruhigende Worte und sagt klar: „Es besteht absolut kein Grund zur Panik.“
Noch nämlich gebe es weder im Bistum noch vor Ort konkrete Pläne für die Schließung irgendwelcher Kirchen oder anderer katholischer Einrichtungen. Und damit sei auch nicht vor 2018 zu rechnen. Bis Ende 2017 dürften haupt- und ehrenamtliche Kräfte erst einmal in Ruhe darüber nachdenken, wo und wie vielleicht Geld gespart werden könnte.
Stadtdechant Janßen: Situation deutlich anders als 2006
Die Situation sei damit deutlich anders als 2006, sagt Janßen. Der damalige Bischof, Felix Genn, habe nämlich „sehr schnell und sehr radikal“ Sparmaßnahmen auf den Weg bringen müssen. „Und das war zum Teil sehr, sehr schmerzlich.“ Diesen Prozess schreibe man nun zwar fort, „jedoch weit weniger radikal“.
Schmerzhafte Einschnitte
Schon einmal musste die Katholische Kirche in Mülheim tiefe Einschnitte ertragen. 2006 gab es etliche Entscheidungen, die weh taten. „Im Vergleich zu anderen Städten aber“, so sagt Stadtdechant Michael Janßen, „sind wir hier vor Ort gut weggekommen.“
Janßen erinnert aber etwa daran, wie schwer es den Gläubigen der Pfarrei St. Raphael am Hingberg in Heißen fiel, die Schließung und die Profanierung – also Entweihung – ihrer Kirche hinzunehmen. „Das war für viele sehr hart“, weiß der 54-Jährige. „Manche Menschen trauern deswegen bis heute noch.“ Was für viele allerdings ein Trost sei, ist die Tatsache, dass nach der Schließung die Caritas in das Zentrum eingezogen ist.
Auch die Trennung von der Pfarrkirche Heilig Kreuz an der Tiegelstraße in Dümpten sei verhältnismäßig glimpflich abgelaufen. „Es war eine gute Lösung, dort eine Urnenbeisetzungsstätte unterzubringen.“
Voraussichtlich kurz nach Ostern 2015 werde man sich erstmals mit Vertretern des Bistums zusammensetzen, um den Prozess einzustielen und nach ganz individuellen Lösungen vor Ort zu suchen. Denn eines müsse man sich stets vor Augen halten: „Wer selbst nicht handelt, wird eines Tages nur noch behandelt.“ Sprich: Noch habe man die Chance, selbst Akzente zu setzen, selbst Ideen umzusetzen – „wenn man damit aber zu lange wartet, kann man eines Tages selbst nichts mehr tun“.
„Die Seelsorge muss vor Ort bleiben“
Für Michael Janßen, der Pfarrer ist in St. Mariae Geburt, gibt es einen Posten, der auf alle Fälle unangetastet bleiben muss, von keiner Sparmaßnahme der Welt eingeschränkt werden darf: „Die Seelsorge muss vor Ort erhalten bleiben; sie darf unter der Entwicklung nicht leiden.“ Wo Menschen leben und glauben, müsse es auch Orte geben, an denen sie dies tun können.
„Und zwar Ort in der Nähe. Denn es heißt immer: Seid nah bei den Menschen!“ Nicht zwangsläufig müssten solche Ort allerdings Kirchen sein – „obwohl ich immer alles dransetzen würde, die Kirchen zu erhalten“. Anders als bei der Seelsorge, die dringend in den Stadtteilen bewahrt werden müsse, kann sich Janßen vorstellen, dass die Verwaltung einen zentralen Sitz in St. Mariae Geburt erhält. Und vorstellbar sei auch, sich im Einzelfall von Gemeindehäusern zu trennen. „Doch da, wo Gemeinde blüht, wäre es natürlich ein Unding, irgendetwas zu schließen. Und von solchen Stellen haben wir viele in Mülheim.“