Mülheim. WAZ-Medizinforum im St. Marien-Hospital zu den aktuellen Methoden und Techniken: Kunstherz, selbstauflösende Stützen und Herzklappen durch die Leiste –In keinem anderen Land in Europa werden so viele Herz-Katheter gesetzt wie in Deutschland.
In keinem anderen Land in Europa werden so viele Herz-Katheter gesetzt wie in Deutschland. Und die Zahl der Katheter-Labore steigt weiter, allein am Niederrhein machten 30 neue Einrichtungen auf, stellt der Direktor des Contilia Herz- und Gefäßzentrums, Privatdozent Dr. Christoph K. Naber, fest und äußert sich besorgt über diese Entwicklung. „Katheter nur dann, wenn es auch sein muss“, betont er beim WAZ-Medizinforum im St. Marien-Hospital, das neben dem Elisabeth-Krankenhaus und dem St. Josef-Krankenhaus in Essen zum Contilia-Herzzentrum gehört, das größte in NRW.
Naber zeigte die rasante Entwicklung von dem ersten Kathetereinsetzen über die Erweiterung der Herzgefäße mit einem Ballon bis hin zum heutigen Einsatz von Gefäßstützen im Herzen, die sich mit der Zeit selbst auflösen, auf. Mit Hilfe des Katheters werden auch immer Herzklappen eingesetzt – in Zukunft vielleicht nur noch.
Verkalkungen an den Herzkranzgefäßen
Es muss nicht immer der Katheter sein, betont auch Prof. Heinrich Wieneke, Chefarzt der Kardiologie am Marien-Hospital. Der Einsatz eines Katheters habe immer auch ein gewisses Risiko. Eine der wichtigsten Methoden zur Herzdiagnostik sei nach wie vor das Belastungs-EKG – und auch das Ultraschall, mit dessen Hilfe die Funktion des Herzens dargestellt werden könne. Die Diagnose der Funktion, sagt Naber, sei überhaupt viel aussagekräftiger, als Erkenntnisse über die Anatomie. So lässt sich etwa mit Hilfe des Magnetresonanztomografen mit einer Genauigkeit von 90 Prozent feststellen, ob das Herz unter Belastung einwandfrei funktioniert.
Und noch ein Instrument jenseits des Katheters zur Herzdiagnostik steht bereit: der Computertomograf. Mit ihm lassen sich sehr gut mögliche Verkalkungen an den Herzkranzgefäßen erkennen.
Isolierung im Herzen
Zu den großen Fortschritten gehören technische Unterstützungssysteme für das Herz, auch Kunstherz genannt, das in den Brustkorb implantiert wird und große Erleichterung den Menschen bringt, die auf andere Weise ihre Herzschwäche nicht bewältigen konnten. Es sind Menschen, die auf einer Warteliste für ein Spenderherz stehen. Doch die Spendenbereitschaft, bedauert der leitende Oberarzt Dr. Nikolaus Pizanis vom Essener Uni-Klinikum, gehe leider dramatisch zurück. Er glaubt, dass in Zukunft die Kunstherzen noch kleiner werden und komplett implantiert werden können. Derzeit führt noch ein Kabel für die Energiezufuhr außerhalb des Körpers.
Zu schnell, zu langsam, zu holprig – nicht immer läuft das Herz im Takt, längst nicht immer, so Dr. Anja Dorszewski, Ärztin für Elektrophysiologie, müsse das einen beunruhigen. Schrittmacher wie Defibrillatoren sind längst Routine. Um elektrische Aktivitäten, die den Rhythmus stören, in den Griff zu bekommen, wenden Ärzte auch die Ablation an – eine Isolierung im Herzen.
Sport gilt als die beste Herzmedizin
Sport ist die beste Herzmedizin. Gäbe es ein Medikament, das ähnliche Erfolge erreichen würde wie die sportliche Betätigung, es wäre eine Sensation, sagt der Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Elisabeth-Krankenhaus, Privatdozent Dr. Oliver Bruder. Bei vielen Leiden, so auch beim Herzen, habe Sport in der Medizin eine 1A-Empfehlung, heißt: höchste Stufe.
Dabei komme es nicht darauf an, sich abzuplagen, betont der Kardiologe beim WAZ-Medizinforum. Jeder sollte Sport treiben, so dass sein Körper ihm auch ein Wohlbefinden signalisiere. Fünf Mal in der Woche 30 Minuten wären optimal, nur einmal in der Woche wäre auf jeden Fall besser als Nichtstun. Mit Sorge beobachtet der Mediziner, dass immer mehr Kinder sich kaum bewegten und dass im Kindes- wie Erwachsenenalter das Übergewicht deutlich ansteige. Bruder plädiert dafür, wo immer es geht, Bewegung in den Alltag einzubauen, etwa bewusst weiter weg vom Ziel zu parken.