Mülheim. Essen denkt über einen Ausstieg aus der Via-Verkehrsgesellschaft nach. Kirchturmdenken und ein kompliziertes Firmengeflecht behindern gewünschte, wirtschaftlich günstigere Zusammenarbeit der Verkehrsgesellschaften von Mülheim, Essen und Duisburg. Es droht ein Debakel.

Kirchturmdenken und teilweise tiefe Abneigung gegen Personen, doppelte Leitungsposten sowie das Sichern von Pfründen bringen die Via-Verkehrsgesellschaft gerade aufs Abstellgleis. Die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) wäre tot. Einige in der Stadt warten bereits darauf. Andere setzen darauf, dass Busse und Bahnen verlässlich für Fahrgäste in dieser Stadt fahren.

„Starten die Oberbürgermeister aus Mülheim, Duisburg, Essen und Oberhausen nicht sofort einen Neuaufschlag, ist Via am Ende. Mülheims und Duisburgs Verkehrsgesellschaften allein schaffen es nicht. Die Essener können für sich überleben“. Arno Klare, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Verkehrsausschusses, sagt, was betriebsintern längst unterwegs ist: Via (der Weg) steht am Scheideweg.

Personalkosten stiegen weiter

1965 beschließt der Düsseldorfer Landtag, den Nahverkehr im westlichen Ruhrgebiet unter einem Firmendach zu vereinigen – und zu führen. Seit 50 Jahren torpedieren betroffene Städte und Nahverkehrsbetriebe die Idee. Politiker, Verkehrsminister und Regierungspräsidenten als Aufsicht billigen das lange so. Die Bogestra fährt in fünf Städten im mittleren Revier besser.

Das wollten 2007 auch die Stadträte im Westen. Sie müssen die Verluste bei Bussen und Bahnen senken, ohne Fahrten zu kappen. Das gelingt bisher nur teilweise. Die Personalkosten stiegen weiter – vor allem in der Verwaltung. Mülheim fährt dort an der Spitze. Dabei gehen die Meinungen von MVG, Stadt und Regierungspräsidentin auseinander, wer die richtigen Zahlen hat. Und seit ihrer Gründung steht die Via-Gesellschaft auf Stolpersteinen, um Arbeitsplätze im Betrieb vor Ort zu sichern. Oberhausen, das mit in die den Verbund sollte, will nicht auf diesem Weg mitfahren.

Eigene Steuerungshoheit sichern

Die Fakten stehen in einer Analyse, worüber die Aufsichtsräte der Essener Verkehrs AG (Evag) seit einer Sondersitzung am 21. Oktober beraten (das Papier liegt der WAZ vor). Danach sind MVG, DVG und Evag von einem Zusammengehen weiter entfernt als vor zwei Jahren. Von Verschmelzen war nie die Rede.

So hat die MVG ihr Personal bei der Evag wieder abgezogen, die Zusammenarbeit ausgesetzt und ihre Personalverwaltung nach Duisburg übergeben. Der Evag-Aufsichtsrat tüftelt daran, wie das komplizierte Via-Gebilde zu entflechten ist – unter Evag-Führung. Das befeuert weiter Misstrauen der kleinen Partner MVG und DVG. Via-Befürworter scheinen verstummt zu sein.

Die Evag will die „eigene Steuerungshoheit sichern, mit der Möglichkeit, als funktionsfähiges Unternehmen die Flexibilität für weitere Kooperationsansätze zu erhalten“, sagt die Analyse. Nach einem Via-Ausstieg erwartet die Evag in den ersten Jahren Verluste. In Mülheim und Duisburg würden bald alle Buslinien europaweit ausgeschrieben und an Fremde vergeben, wenn die Oberbürgermeisterrunde keinen neuen Weg findet. Mülheim verbindet Essen mit Duisburg – wie lange noch, bleibt abzuwarten.