Mülheim. In Mülheim lehnen Ärzte, Betreuer und Pfarrer eine aktive Sterbehilfe ab. Ihr Ziel: Kranke in ihren letzten Lebenstagen begleiten, den Tod nicht verdrängen.

Die Orientierungsdebatte zur Sterbehilfe im Deutschen Bundestag bewegt viele Menschen. Darf es ein Gesetzt geben, welches eine aktive Sterbehilfe erlaubt? Wie wird die Menschenwürde beim Sterben gesehen? Warum wollen Menschen ihren Verwandten oder besten Freunden überhaupt das Sterben erleichtern? Verdrängen wir nicht den Tod aus unserer Hochglanzgesellschaft und wollen ein schnelles Ende, um die „heile Welt“ nicht zu belasten? Darf ein Arzt die „Pille auf Abruf“ aus der Kitteltasche geben? Seelische Pein, eine unheilbare Krankheit und sittliches Verständnis liegen in diesem Fall in einem Bett. Wer möchte die Verantwortung für einen Schnitt übernehmen, der das Leben beendet?

Das sagt der Hospiz-Vorsitzende

„Aktive Sterbehilfe kommt für mich als Arzt überhaupt nicht in Frage. Wir müssen die Betreuung eines sterbenskranken Menschen so weit verbessern, dass ihnen die Schmerzen so weit wie möglich genommen werden. Hoch dosierte Medikamente können dabei das Leben unter Umständen etwas verkürzen,“ beschreibt Prof. Dr. Henning König, Vorsitzender des Vereins Ambulantes Hospiz Mülheim.

Das sagt der evangelische Pfarrer

„Seit zwei Jahren besteht das Hospiz an der Friedrichstraße. 400 Menschen haben wir dort in dieser Zeit begleitet. Alle fühlten sich gut aufgehoben. Diese Dankbarkeit erlebten wir auch bei den Verwandten. Möchte jemand sterben, hat er Angst vor den Schmerzen. Diese können wir lindern und den Menschen betreuen. Es gibt immer Einzelfälle, in denen man entscheiden muss, ob dem unheilbar Kranken das Ableben ermöglicht wird. Aber eine aktive Sterbehilfe als Gesetz lehnen wir ab. Ein Mensch muss die Chance haben, in Würde sterben zu können. Die Zuneigung dürfen wir in den letzten Lebenmonaten doch keinem Menschen versagen“, erklärt Pfarrer Ulrich Schreyer, Geschäftsführer des evangelischen Hospiz’ und des Diakoniewerks Arbeit und Kultur.

Das sagt der Mediziner

„Gerade in Mülheim leben viele alte Menschen, die einsam sind. Darum haben sie Angst vor dem Sterben, wollen nicht allein zuhause verwahrlosen und wünschen sich darum eine schnelle Lösung. Sterbehilfe ist darum vom Begriff her schon falsch. In Würde einen Menschen begleiten bis zu seinem Lebensende, dass ist unser Ziel. Wie das gehen kann, sprechen wir mit dem Patienten und den Verwandten ab. Dabei kann es auch eine maschinenlose Therapie ohne Chemo geben. Noch Dinge regeln, sich verabschieden oder zueinander finden können, muss doch möglich sein. Es kann auch sein, dass ein Schmerz befreiendes Mittel zum Tod führt“, beschreibt Dr. Thomas Nordmann, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Onkologie im Marienhospital der Contilia-Gruppe.

Das sagen die katholischen Frauen

„Wir wenden uns entschieden gegen jede Form der organisierten Beihilfe zum Suizid. Kranke und Sterbende haben ein Recht auf einen würdevollen Platz in unserer Gesellschaft. Menschen dürfen am Ende ihres Lebens auf die Fürsorge anderer angewiesen sein. Eine fürsorgliche Sterbebegleitung zu etablieren und eine Sterbekultur zu entwickeln, die den Tod als einen Teil des Lebens begreift, ist die zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft“, erklärt Maria Theresia Opladen, Bundesvorsitzende der katholischen Deutschen Frauen.

Arbeit für die Zukunft

Was in Mülheim noch fehlt, sind ambulante Begleiter, die Sterbende und deren Angehörige auch zuhause betreuen, darin stimmen Ärzte und Pfarrer überein. „Aber wir arbeiten schon an einer Lösung und den notwendigen Angeboten.“