Mülheim/Hamburg. Die 97-jährige Frieda F. aus Bergisch-Gladbach hat am Freitag im Mülheimer „Best-Western”-Hotel Selbstmord begangen – der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat die Frau nach eigenen Angaben beim Suizid begleitet.
„Wir sind alle tief erschüttert”, sagte der Inhaber des Hotels, Moncef Mahmoudi, der WAZ. Am Freitagmittag hatte die Frau das Zimmer des Vier-Sterne-Hauses bezogen, das nur wenige Schritte vom weihnachtlichen Rummel eines großen Einkaufszentrums entfernt liegt.
Kommentar
Der Tod der Frieda F.
Frieda F. wollte sterben, daran gibt es wohl keinen Zweifel. Ob sie auch in einem Hotelzimmer sterben wollte, wissen wir nicht. Wie groß die Verzweiflung der Frieda F. war, warum sie aus dem Leben scheiden wollte, auch das kann nur der beurteilen, der sie näher kannte, diese Frieda F., die diese Welt im Alter von 97 Jahren verlassen hat.
Aber man fragt sich schon, ob Frieda F. sich ihren Abschied wirklich so vorgestellt hat: ein letzter Atemzug nicht in ihrer vertrauten Wohnung, umgeben von ihren Freunden und Verwandten, sondern in einer fremden Stadt, auf der Flucht vor den Ermittlern, aufgebahrt in einem Hotelzimmer, gebucht ohne Frühstück.
Die Geschichte der Frieda F. ist eine traurige Geschichte. Sie erzählt uns von der Not, der Einsamkeit, der Verzweiflung. Sie erzählt uns aber auch von der Ohnmacht einer Gesellschaft, die immer noch nicht weiß, wie sie mit einer Frieda F. umgehen soll. Und ihr Schicksal deswegen in die Hände von einem wie Roger Kusch gelegt hat, der in der dunklen Zone zwischen Leben und Tod eine immer größere Rolle spielt.
Der Geschäftsführer erinnert sich: „Ich meine, dass es eine junge Frau war, die am Tag zuvor das Zimmer gebucht hatte – ein Doppelzimmer ohne Frühstück.” Auf dem Anmeldezettel im Hotel soll als Geburtsdatum das Jahr 1900 angegeben worden sein.
Ob die alte Dame alleine angereist sei, vermochte der Inhaber nicht zu sagen. „Es wird gemunkelt, dass auch Kusch da gewesen sein soll.” Am späten Abend sei die Schwiegertochter der 97-Jährigen ins Hotel gekommen und habe die Frau tot aufgefunden. Die Feuerwehr wurde gerufen, die Polizei vernahm mehrere Gäste, die zu der Stunde noch wach waren. Das Hotelzimmer wurde versiegelt.
Roger Kusch schrieb auf seinen eigenen Homepage, dass sich Frieda F. ursprünglich in Bergisch-Gladbach das Leben nehmen wollte. Allerdings habe die Staatsanwaltschaft Hamburg am vergangenen Donnerstag bei einer Hausdurchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume Kuschs sämtliche Unterlagen und Datenträger beschlagnahmt, die Informationen zu dem geplanten Selbstmord enthielten. Derzeit prüft die Mülheimer Kripo, ob ein Tötungsermittlungsverfahren eingeleitet wird. Die Staatsanschaft Duisburg hat den Fall übernommen.
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Die Bundesländer streben ein Verbot der organisierten Sterbehilfe an, ringen aber noch um Einzelheiten einer Gesetzes. Der Vorstand der Deutschen Hospiz-Stiftung, Eugen Brysch, kritisierte dies erneut. Die Politik stelle kein anständiges Mittel zur Verfügung, „um den Tod auf den Gelben Seiten zu verhindern”.
- Bericht: Kusch half bei Selbstmord
- Diskussion: Sterbehilfe erlauben - ja oder nein?