Mülheim. Wenn rund 200.000 Kraniche Nordeuropa für den Winter verlassen, nehmen viele die Route über Mülheim. Viele Menschen haben das Spektakel jetzt mit einer gewissen Bewunderung und Freude verfolgt. Dabei ist der Überflug nicht ganz ungefährlich.
Der Naturschutzbund (NABU) hat rund 1 000 Kraniche gezählt, die Nordrhein-Westfälische Ornithologen Gesellschaft (NWO) geht von mehr als 40.000 Vögeln aus: Über die tatsächliche Anzahl der Zugvögel, die am Sonntag Mülheim überflogen haben, besteht unter Experten enorme Uneinigkeit. „Ist man nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort, kann man viele Vögel übersehen“, sagt Dietmar Beckmann vom NWO. „Man überschätzt die Zahl leicht“, sagt Sabine Brandt vom NABU.
Tatsache aber ist: Der Umzug der Tiere zum sonnigen Nordafrika oder Süden Europas bot ein Naturspektakel, das in dieser Form jedes Jahr, häufig im frühen November, in Mülheim zu beobachten ist. So viele Vögel glauben viele Mülheimer aber noch nie gesehen zu haben. „Das war wirklich unglaublich“, so Günter Heinz aus Stadtmitte. „Die kamen, kamen, und kamen. Es hörte einfach nicht auf!
Gefahr für Kraniche und Piloten
Dass viele der insgesamt 200.000 Kraniche, die Nordeuropa zur kalten Jahreszeit verlassen, ihren Weg über eine Stadt mit Flughafen wie Mülheim suchen, birgt jedoch für die Vögel und Piloten Gefahren, besonders, wenn die Vögel auf der Höhe von Sportflugzeugen gleiten. Die Tiere fliegen tief, um die Thermik – also das Tragen durch die Wärme der Luft – auszunutzen.
Verordnungen zum Problem Vogelschlag, wie der Zusammenprall mit Vögeln in der Fachsprache heißt, gibt es nicht. Großflughäfen wie der Düsseldorf Airport lösen das Problem, indem sie Vogelschlagbeauftragte beschäftigen, die hauptamtlich nach Möglichkeiten suchen, Vögel vom Flugplatz fernzuhalten. Einen Fachmann für Vogelschlag in Mülheim einzusetzen, lohne sich nicht, so Wolfgang Sauerland, Prokurist am Flughafen Essen/Mülheim. Auch könne man in Mülheim keine Vogelscharen mit großer Vorlaufzeit ankündigen. „Unser Flugplatz wird nur nach Sichtflugbedingungen bedient. Wir haben keine Radarkontrollen“, so Sauerland. Das heißt: Wenn Vögel im unmittelbaren Flugplatzbereich zu sehen sind, kann die Flugsicherung die Piloten warnen.
Wie der Pilot sich dann verhält liegt in seiner Eigenverantwortung. Lenkt er nicht ein, wühlt er die V-Formation des Schwarms auf. So haben es einige Bürger und Landschaftswächterin Karin Piek in Mülheim beobachtet. „Aber auch für Piloten sind die Vogelschwärme hochgradig gefährlich“, so Karin Piek „Schon ein Vogel kann das Triebwerk beschädigen und zum Absturz zwingen“. Probleme mit Vögeln gäbe es in Mülheim allerdings selten, betonte die Flugsicherung. Grundlegend würden sich wenig Vögel im Flugplatzbereich aufhalten – mit Ausnahme der jährlich passierenden Kraniche.