Herne. Schüler aus mehreren Ruhrgebiets-Städten treten im Rennen um den Ruhrpokal gegeneinander an. Ihre Disziplin: der Poetry Slam. In Vorrunde und Finale am Samstag und Sonntag in Herne und Bochum entscheidet das Publikum, wer den Sieg davonträgt.

Den Herzschlag im Hals, ein pulsierendes Pochen vibriert im Brustkorb. Schweißnasse Hände, ein Kribbeln in der Magengegend. Der Kopf fühlt sich zu leicht an für den Körper, der sanfte Schwindel geht in Übelkeit über, das schmerzlich schöne Gefühl der Aufregung verwandelt sich in verheißungsvolle Panik. Lampenfieber.

Von den acht jungen Menschen, die im Stuhlhalbkreis zusammen sitzen, hat nur Helena Poetry-Slam-Erfahrung. Und darum geht es in dem Workshop, zu dem sich an diesem Mittwoch Schüler aus Herner Schulen in einem Konferenzraum der Sparkasse versammelt haben.

WortLautRuhr organisiert den U20-Ruhrpokal

Theresa Hahl leitet den ersten Teil des Slam-Trainings, den zweiten übernimmt Sebastian Rabsahl - besser bekannt als Sebastian 23. Beide sind Experten vom Fach, jetzt bereiten sie die Schüler zunächst auf die Stadtmeisterschaft, dann auf das Finale des ersten U20-Ruhrpokals in den Bochumer Kammerspielen vor.

Der Ruhrpokal ist ein Projekt von WortLautRuhr - die Herner Agentur organisiert Poetry Slams im ganzen Ruhrgebiet. Der Pokal richtet sich an Schüler aus dem Revier: Zuerst werden sie in Workshops von den Profis im Schreiben und Vortragen trainiert, dann treten sie auf der Bühne gegeneinander an. Die Publikumsjury entscheidet, wer Potenzial hat und am Ende mit dem Sieg nach Hause geht.

Aufregung vor dem Bühnen-Debüt

Viele der jungen Menschen werden dann zum allerersten Mal auf einer Bühne stehen, zum ersten Mal mit angstgeweiteten Pupillen das Publikum anblicken, dem sie ihre selbstgeschriebenen Texte präsentieren und deren Urteil sie zu Gewinnern küren oder auf die Verliererplätze verweisen wird.

„Ich habe schon öfter kleine Gedichte und Geschichten geschrieben“, erzählt Catalina in der Vorstellungsrunde. Schüchtern blickt sie zwischen ihren blonden Haarsträhnen hervor, und findet ähnliche Nervosität in den Gesichtsausdrücken ihrer Mitstreiter. „Auf der Bühne stand ich aber noch nie, da habe ich richtige Angst vor.“

Dabei ist die 18-Jährige eine der ältesten Teilnehmer des Workshops. Helena ist erst 15, dafür hat die junge Hernerin bereits Erfahrung, nicht nur mit dem Schreiben, sondern auch mit dem Vortragen von eigenen Texten beim Slam.

Spezielle Slam-Techniken werden im Workshop gelernt

Theresa Hahl erklärt, was einen Poetry-Slam-Text besonders macht. Denn tonlos vom Blatt lesen kann jeder: „Es gibt typische Slam-Techniken. Man spricht mal langsam, mal schnell, bringt Variation in den Vortrag. Mit Gesten wird der Text zum Leben erweckt. Das Publikum muss zuhören wollen, es darf nicht langweilig werden. Denn das Besondere am Poetry Slam ist: Du hast nur einen Versuch. Du kannst nicht zurückblättern.“

Bei dieser Fokussierung auf die Darbietung ist es kein Wunder, dass die Workshop-Teilnehmer schon jetzt aufgeregt sind. „Jedes Mal beschleicht mich dieselbe Angst,“, erzählt Helena, „dass ich stolpere, wenn ich auf die Bühne gehe, oder dass der Mikrofonständer klemmt und ich ihn nicht justieren kann. Erst wenn ich mich vorgestellt habe und in meinem Text verlieren kann, entspanne ich mich.“

Wichtig ist Helena nicht, am Ende zu gewinnen, sondern das reine Glücksgefühl, ihre Kreativität mit anderen zu teilen. „Poetry Slams sind viel unmittelbarer, als ein staubiges Buch zu lesen“, sagt die 15-Jährige. „Publikum und Autor treffen sich auf Augenhöhe.“

In Vorrunde und Finale wird der Sieger ausgewählt

Ob Helena sich am Sonntag in den Kammerspielen wieder auf jede Stufe beim Bühnenaufgang konzentrieren wird, und ob Catalina die Chance bekommt, ihren ersten Poetry-Slam-Versuch mit dem Sieg zu krönen, entscheidet sich bei der Vorrunde am Samstag, 25. Januar, in den Flottmannhallen.

Ab 20 Uhr treten die Herner Schüler, geschult von Theresa Hahl und Sebastian Rabsahl, mit ihren Texten gegeneinander an. Die drei besten von ihnen qualifizieren sich für das Finale am Sonntag, 26. Januar: Wer als Teil der Publikumsjury den Nachwuchs-Dichtern zum Sieg über die Nervosität und ihre Konkurrenten verhelfen will, kann sie ab 19 Uhr in den Kammerspielen Bochum anfeuern.