Herne. .
Was Sabine Tomczak anbietet, hat nie gelebt – und erst recht keinen Schlachthof von innen gesehen. Seit Anfang April betreibt sie das erste vegane Lebensmittelgeschäft Hernes. Eines der ganz wenigen in Deutschland.
„Javego – Der vegetarische Tante-Emma-Laden“, heißt es auf der Internetseite, „laktosefrei, vegan, vegetarisch“ auf den Aufklebern im Schaufenster. Im Grunde hätte es auch „Vegan“ getan, denn das sind alle Produkte im kleinen Laden an der Mont-Cenis-Straße in Sodingen. Heißt: Alle Produkte sind fleischfrei – vegetarisch eben. Damit aber nicht genug, verkauft „Javego“ nur Produkte, die frei von tierlichen Inhaltsstoffen sind. Milchprodukte fallen da genau so weg wie solche mit Ei. Die Wurst besteht dann eben nicht aus Geflügel, sondern aus Wasser, Soja und Pflanzenfett – schmeckt aber wie die aus dem Supermarkt.
„Das ist halt dieses Vorurteil, dass die Leute denken, Veganer essen nur Rohkost und Salat“, sagt Tomczak. Dabei ließe sich so gut wie jedes Lebensmittel pflanzlich imitieren. Den beeindruckenden Beweis liefert ihr Geschäft. Rechts am Eingang die Kekse mit Creme-Füllung, daneben stapelweise Schokolade. „Vollmilch kann ich ja jetzt nicht sagen“, sagt die Inhaberin und zeigt auf eine blaue Tafel. Denn was sich in den hellbraunen Riegeln verbirgt, ist eben keine Kuh-, sondern Reismilch – und die vermeintlich „normale“ Schokolade damit wieder vegan.
Massentierhaltung nicht unterstützen
So lebt auch Tomczak, seit drei Jahren tierfrei, vorher über 20 Jahre vegetarisch. „Aus ethischen Gründen“, erklärt sie, „weil ich das nicht mehr unterstützen wollte, die Massentierhaltung und alles, was damit zu tun hat.“
Mit „Javego“ hat die 46-Jährige ihre Überzeugung zum Beruf gemacht, ihr Arbeitsplatz ist damit keiner mehr wie jeder andere: „Wir wollen auch versuchen, den Leuten die vegane Lebensweise näherzubringen.“ Denn das Klischee vom tierlieben Öko gelte längst nicht mehr, das Publikum sei sehr gemischt.
Im ganzen Ruhrgebiet hat sich die Kunde vom veganen Tante-Emma-Laden bereits herumgesprochen, Tomczaks Geschäft ist nach nicht mal einem Monat schon eine echte Anlaufstelle für das – wenn man so will - Fachpublikum. Aber auch die Nachbarn schauen ab und an vorbei. Manche nur durchs große Schaufenster, andere wagen sich auch in den Verkaufsraum. „Die kaufen dann nichts“, sagt die 46-Jährige, „aber es ist doch auch schön, wenn sie einfach nachfragen.“
Würden die Nachbarn doch mal zuschlagen, es gibt kaum etwas, auf das sie verzichten müssten: Tierfreier Käse liegt im Kühlregal, Entenbrustfilets auf Weizeneiweiß-Basis daneben. Im Regal Sprühsahne und Soja-Medaillons, die aussehen wie Styropor, aufgekocht und gegrillt aber locker mit einem Hähnchen mithalten. Soviel ist sicher: Auch Veganer fallen nicht vom Fleisch.