Herne. . Viermal bat eine Wanne-Eickelerin (69) am Telefon um einen ärztlichen Hausbesuch am Sonntag. Kein Arzt kam. Die Kassenärztliche Vereinigung bedauert den Fall.
Durchfall und Erbrechen halten sich nicht an Praxisöffnungszeiten. Das musste Renate R. (69) an einem Sonntag im April feststellen, als es sie so stark erwischte, dass sie in ihrer Wohnung zusammenbrach und auf ein Knie stürzte. Wohl wissend um die Neuordnung des ärztlichen Notdienstes wählte die Wanne-Eickelerin, die an einer Autoimmunerkrankung der Leber leidet, die 0180 5044100, sobald sie dazu in der Lage war. Und wartete. Das war gegen 8.30 Uhr. Drei weitere Male rief sie noch in der Arztrufzentrale in Duisburg an, die um Geduld bat. Doch kein Arzt kam, den ganzen Tag nicht.
„Der Fall ist für uns sehr bedauerlich und wir können uns bei der Patientin nur entschuldigen“, sagt dazu Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL), die den Notdienst zusammen mit der Region Nordrhein organisiert. „Es handelt sich Gott sei Dank um einen bislang einmaligen Vorgang.“ Schneider bestätigt nach Einsicht der Protokolle: „Nach jedem Anruf wurde der zuständige Arzt wiederholt von den Disponenten telefonisch über die Bitten von Frau R. nach einem Hausbesuch informiert.“ Auch an das Navigationssystem des Dienstautos sei dies jedes Mal übermittelt worden. „Warum der notdiensthabende Mediziner die Hausbesuche dann doch nicht durchgeführt hat, entzieht sich unserer Kenntnis.“
7 Fahrzeuge für 1,3 Millionen Menschen
Dr. Eckhard Kampe, Bezirksstellenleiter der KVWL in Bochum, kann den konkreten Fall nicht nachvollziehen, weiß aber, dass die Anrufe „nach Dringlichkeit abgearbeitet“ werden. Er spricht von abnehmenden Beschwerden nach eingestandener „Eingangsruckelei“ bei der Umstellung. Anrufer hatten anfangs darüber geklagt, nicht durchzukommen, daraufhin wurde die Mitarbeiterzahl in der Telefonzentrale aufgestockt. Außerdem erledigen sich die Anrufe jetzt teilweise schon mit der Adressansage der nächsten Notfallpraxis. Kritik war auch an der Koordination der Fahrten laut geworden, was eine neue Software verbessern soll. Laut Dr. Kampe decken in der Region sieben Autos ein Gebiet von 1,3 Mio Einwohnern ab.
Sollte sich Renate R. bei der KVWL beschweren, müsse sich der Arzt zum Fall äußern, so deren Sprecher. Sei ein Fehlverhalten nachzuweisen, könne der Mediziner disziplinarrechtlich belangt werden.