Herne. .
Das Außengelände sieht zwar noch wüst aus, und auch die Einrichtung fehlt noch, aber bis Dienstag, 1. Februar, soll zumindest innen alles fertig sein: Dann nämlich nimmt die Notfallpraxis an der Wiescherstraße 24 ihre Arbeit auf.
Angedockt an das Evangelische Krankenhaus (EvK) ist sie künftig zentrale Anlaufstelle für alle Herner, Wanne-Eickeler, Castrop-Rauxeler und Bochumer aus den nördlichen Stadtteilen, die wegen einer akuten Erkrankung außerhalb der Sprechstunden einen niedergelassenen Allgemeinmediziner aufsuchen müssen. Das herkömmliche Notfalldienstsystem der Hausärzte ist damit Vergangenheit.
„Vor allem auf dem Land hatte sich das zu einem großen Problem entwickelt“, sagt Dr. Heinz-Johann Struckhoff, Vorsitzender des Herner Ärztevereins und Anhänger des zentralen Notfallpraxensystems. „In manchen Gegenden mussten sich zwei Kollegen permanent abwechseln. Das macht auf Dauer keiner.“ In Städten wie Herne sei der hausärztliche Notdienst zwar nie ein Problem gewesen – „so oft war man da nicht dran“ – aber trotzdem sieht Dr. Struckhoff in dem zentralen System Vorteile: „Es gibt für die Patienten jetzt immer ein und dieselbe Anlaufstelle, im Notfall steht sofort die ganze Ausstattung des Krankenhauses dahinter.“ Wobei der Patient aber selbst entscheidet, ob er, wenn dies nötig ist, das EvK oder eines der anderen Krankenhäuser aufsucht.
13 Arzthelferinnen
Besetzt ist die Notfallpraxis an der Wiescherstraße 24 mit jeweils einem Arzt und einer oder zwei Arzthelferinnen. Allein in Herne sind 13 Helferinnen auf 400 Euro-Basis im Einsatz, im gesamten Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe sind es mehrere Hundert, so Dr. Struckhoff. Die Praxisteams behandeln das, was auch der Hausarzt kuriert: Husten, Fieber, Rückenschmerzen, Sonnenstich, Magen- und Darmverstimmungen usw.. Für Gravierendes wie Brüche, Schlaganfall und Herzinfarkt ist nach wie vor das Krankenhaus direkte Anlaufstelle. Ausgenommen sind außerdem akute Erkrankungen, die in den zahnärztlichen, augenärztlichen und den HNO-Bereich fallen: Dafür gibt es eigene Notfalldienste.
Für die Notfallpraxis ist auf dem Gelände des Evangelischen Krankenhauses innerhalb von vier Monaten ein Neubau errichtet worden. Auf fast 150 Quadratmetern bietet sie alles für eine moderne Praxis Notwendige: Wartezone, Empfang, Behandlungsräume, zwei Sprechzimmer, Toiletten, Sozialraum. Das EvK hat das 350 000 Euro teure Gebäude zwar gebaut, vermietet es aber an die KV Westfalen-Lippe, die auch die technische Ausstattung und die Bezahlung der Arzthelferinnen entsprechend der Tarifverträge regelt.
Ebenso wie es ab dem 1. Februar nur noch eine zentrale Notfallpraxis gibt, gibt es auch nur noch eine zentrale Rufnummer: 0180 50 44 100. Darunter meldet sich aber nicht die Wiescherstraße 24, sondern ein Call-Center, das diese Aufgabe schon seit Jahren für den KV-Bereich Nordrhein übernimmt. Westfalen-Lippe schließt sich dort an, das Personal wird entsprechend aufgestockt. In dem Call-Center erfahren die Patienten unter anderem, welches die nächstgelegene Notfallpraxis ist, die sie aufsuchen können. Und: Benötigen sie wegen ihrer Erkrankung einen Hausbesuch, wird er vom Call-Center koordiniert, das einen Wagen samt Fahrer und Arzt auf den Weg schickt. Direkt telefonisch zu erreichen ist die Notfallpraxis in Herne nicht.
Dienste für Ärzte planbar
Obwohl das neue System für die Ärzte teurer sei, weil die Kosten auf sie umgelegt werden, sei er froh, so Dr. Struckhoff, dass Herne solche eine Praxis bekommen habe und „vor allem: nicht Notfallpraxen in den umliegenden Städten zugeordnet wurde“.
Aber auch für die Ärzte bringt das neue System Vorteile: die Zahl ihrer Dienste ist überschaubar, der Einsatzplan für 2011 liegt schon vor. Eingebunden in das System sind alle 618 Ärzte des Notdienstbezirks 20 (Herne/Castrop-Rauxel/Bochum-Nord). Aber ob sich auch alle daran beteiligen, ist eine andere Frage. Tauschen ist möglich, aber das muss der Arzt dann in Absprache mit der KV-Bezirksstelle Bochum regeln.
Öffnungszeiten
Die erste Schicht am 1. Februar übernimmt Dr. Struckhoff selbst. Vor allem in der ersten Zeit wollen er und sein Kollege Dr. Jochen Voß aus Wanne-Eickel verstärkt präsent sein, bis sich alles eingespielt hat – auch das ganz neue PC-System.
Für die Behandlung akuter Erkrankungen, die in den hausärztlichen Bereich fallen, ist die Notfallpraxis an der Wiescherstraße geöffnet: montags, dienstags und donnerstags: 18 bis 22 Uhr; mittwochs und freitags: 13 bis 22 Uhr; samstags, sonntags, feiertags: 8 bis 22 Uhr.
Auskünfte gibt es nur unter der zentralen Rufnummer 0180 50 44 100.
Nach 22 Uhr stellen die Notambulanzen der Krankenhäuser die medizinische Versorgung sicher.