Herne. .

Regelsatz um fünf Euro erhöht, Bildungspaket geschnürt – das ist aber nur die eine Seite der Medaille, betonen die Beratunsstellen Arbeitslosen- und Zeppelinzentrum. Auch auf Verschlechterungen müssten sich Betroffene einstellen.

Als ein neues Kapitel in der Sozialgeschichte lobte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen den Hartz-IV-Kompromiss der Politik. Dem Praxistest hält diese Aussage allerdings bisher nicht stand.

Praktiker gehen in die Offensive

Nachdem Stadt und Jobcenter jüngst die Umsetzung der Reform unter anderem als „bürokratisch unerträglich“ bezeichnet haben (wir berichteten), gehen nun auch die Herner Arbeitslosenberatungen in die Offensive. Sie weisen nicht nur auf zahlreiche Verschlechterungen hin, sondern auch auf die Gefahr, dass einige Leistungen nicht bei den Betroffenen ankommen könnten.

5 Euro mehr, ein Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche - in der öffentlichen Wahrnehmung erscheint die Hartz-IV-Reform als Verbesserung der Situation von Langzeitarbeitslosen und ihren Kindern. Das sei aber nur „eine Seite der Wahrheit“, warnen die Praktiker Franz-Josef Strzalka vom Herner Arbeitslosenzentrum und Dagmar Spangenberg-Mades vom Zeppelin-Zentrums. Als Beispiele für die „zahlreiche Verschlechterungen“ in der Gesetzgebung nennen sie unter anderem die Streichung des Elterngeld-Mindestbeitrags, die Abschaffung der Rentenversicherungspflicht und für Wohngeldbezieher den Wegfall der Heizkostenkomponente.

Leistungen möglichst schnell beantragen

Ihre Analyse des Gesetzeswerkes verbinden sie mit einem Appell an die Hartz-IV-Empfänger: Die in der Reform verankerten zusätzlichen Leistungen, die rückwirkend bis zum 1. Januar erstattet werden können, müssen bis zum 30. April beantragt werden. „Sonst verliert man den Anspruch“, so Spangenberg-Mades (siehe auch Bericht unten). Und auch sonst sei Eigeninitiative wichtig: „Für fast alles, was man zusätzlich bekommt, müssen gesonderte Anträge gestellt werden“, so die Arbeitslosenberater. Zwar seien auch die Behörden in der Pflicht, ihre Kunden zu informieren. Aber dies sei in der Praxis nicht gewährleistet.

Dass statt einer Erhöhung der Regelleistung für Kinder das Bildungs- und Teilhabepaket geschnürt worden sei, hält Dagmar Spangenberg-Mades für den falschen Ansatz. „Man stellt alle Familien unter den Generalverdacht, dass sie das Geld für ihre Kinder für andere Dinge ausgeben würden.“