Herne. Auf der A43 in Herne ist eine Eisenbahnbrücke abgerissen worden. Zuschauer konnten diesmal hautnah dabei sein. Ein Youtuber filmte den Abriss.
Erst zwei Abrisse auf der A42, an diesem Wochenende folgte die A43: Bühne frei für den dritten Eisenbahnbrücken-Abriss in Herne innerhalb von sechs Monaten - und die Bühne konnte man in diesem Fall durchaus wörtlich nehmen.
Denn im Gegensatz zu den Arbeiten auf der A42 hatten Zuschauer in diesem Fall beste Sicht auf die spektakulären Arbeiten. Denn die alte Bahnbrücke, die die A43 überspannte, lag direkt an der Cranger Straße. Die bot quasi Logenplätze auf das Geschehen. Den Neugierigen wurde ein Schauspiel mit riesigen Kränen und diversen Baggern geboten. Es war eine Inszenierung in mehreren Akten:
Nachdem die A43 am Freitagabend in beide Richtungen voll gesperrt worden war (mit den üblichen Auswirkungen auf den innerstädtischen Herner Verkehr, doch dazu später mehr), wurde die Fahrbahn zunächst mit Stahlplatten abgedeckt, damit die schweren Maschinen und die Brückenteile keine Schäden verursachen. Später wurde die alte Brücke in zwei Teile geteilt und mit riesigen Kränen auf den Boden herabgelassen, wo sie dort mit kräftigen Stahlscheren in „handliche“ Teile zum Abtransport zerschnitten wurde. Parallel dazu wurde der Betonpfeiler Brocken für Brocken klein gemacht, das stakkatohafte Hämmern war am Samstag von Weitem zu hören. Bereits am späten Sonntagvormittag war von der alten Brücke - die neue steht bereits seit einiger Zeit - kaum noch etwas zu sehen. Die Bautrupps waren damit beschäftigt, den Bereich rund um den Abriss „besenrein“ zu machen.
Parallele Suche nach Blindgängern
Wer seinen Blick nach Norden richtete, konnte in der Ferne die Fahrzeuge eines Kampfmittelräumdienstes erkennen. Mitten im Kreuz Herne gab es einen Verdachtspunkt für einen Blindgänger. Ausgang der Suche: unbekannt.
Unter den Zuschauern des Brückenabrisses befand sich auch Christian Velde. Auf die Frage des WAZ-Reporters, ob er Trainspotter sei - immerhin handelte es sich ja um eine Eisenbahnbrücke - antwortete er: „So ähnlich.“ Man könnte Velde als Baustellenspotter bezeichnen. Am Samstagmorgen war er schon um 8 Uhr extra aus Düsseldorf nach Herne angereist, um den Abriss zu verfolgen - und vor allem zu filmen. Einer seiner Fans habe ihn auf den Abriss aufmerksam gemacht. Denn Velde (Jahrgang 1962) ist professioneller Youtuber.
Herne: Alte Eisenbahnbrücke über die A43 wird abgerissen
Der diplomierte Geograf war mehr als 20 Jahre in der Bankbranche unterwegs. Nach seinem Ausscheiden veröffentlicht er seit mehr als zehn Jahren auf seinem Youtube-Kanal „Fuximux“ Videos von unterschiedlichen Baustellen: Abriss eines Bürogebäudes in Zeitraffer, ein Kran auf dem Rhein oder der Schwertransport eines Boots. Mehr als 3000 Videos sind inzwischen entstanden. Klingt ziemlich speziell, doch Veldes Kanal hat mehr als 50.000 Abonnenten, die Gesamtzahl der Aufrufe seiner Videos liegt inzwischen deutlich jenseits der 40 Millionen. Inzwischen verdiene er sein Geld damit, sagt der ehemalige Banker.
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An diesem Samstag kam in Herne ein weiteres Video hinzu. Velde hatte eine kleine Kamera am blauen Brückengeländer befestigt, eine zweite Kamera auf einem Stativ nahm das Geschehen aus einem anderen Blickwinkel auf. Auf die Frage, ob die Baustelle seine Erwartungen erfülle, antwortete er: „Ich hoffe, sie erfüllt die Erwartungen meiner Zuschauer.“ Die bekommen viel zu sehen. Schon am Sonntagmorgen ist der „Tandemhub alte Brücke in Herne“ auf Fuximux zu sehen: eine Stunde, 27 Minuten und 39 Sekunden - Spielfilmlänge. Später veröffentlichte Velde noch eine neunminütige Zeitraffer-Version. Bis zum Mittwochmorgen, 29. Mai, hatten schon fast 6000 Nutzer beide Videos aufgerufen.
Die Faszination Baustelle dürften am Wochenende viele Autofahrer nicht geteilt haben. Durch die Vollsperrung waren die innerstädtischen Umleitungsstrecken - Westring, Holsterhauser Straße, Bochumer Straße - stark belastet. Der ein oder andere verlor die Nerven. So funktionierte ein Fahrer auf der Bochumer Straße den Fahrradstreifen zur zweiten Fahrspur um, um rechts an der Schlange vorbeizukommen. Dabei hätte er wissen können, was an diesem Wochenende auf ihn zukommt: Das Fahrzeug hatte ein Herner Kennzeichen.