Herne. Erst Entwarnung, dann doch nicht. Beim Chemie-Unfall auf dem Evonik-Gelände sorgten sich Anwohner. Was führte zur Verwirrung?
Die Stadt gesteht nach dem Chaos um die Warnungen der Bevölkerung beim Chemie-Unfall in Herne Verbesserungspotenzial in der Kommunikation ein. Im Kern verteidigen die Behörden allerdings das Vorgehen am Dienstag. Auf dem Gelände von Evonik war ein Blausäure-Wasser-Gemisch ausgetreten.
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Stadt sieht unter gewissen Voraussetzungen Potenzial zu klarer Kommunikation
„Da es sich vor Ort um eine relativ statische Lage handelte und die Messergebnisse außerhalb des Werkes zu jedem Zeitpunkt negativ waren, wurde durch die Feuerwehr Herne auf den üblichen Kanälen kein Update zur Lage veröffentlicht“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. „Hier sehen wir Potential, auch wenn es keine Neuigkeiten zur Lage gibt, dies bei entsprechender Einsatzdauer klarer zu kommunizieren.“
Eine Bevölkerungswarnung, die gegen 13 Uhr über das Warnsystem NINA verschickt worden war, wurde gegen 14.30 Uhr von Evonik zurückgenommen. Die Stadt selbst gab aber erst um 19.10 Uhr Entwarnung. Bei Anwohnerinnen und Anwohnern löste das Verunsicherung aus. Nur auf Nachfragen eines Facebook-Nutzers antwortete die Feuerwehr zwischenzeitlich in einem kaum beachteten Kommentar, dass die Warnung weiter gelte. Auf Nachfragen erklärte sich die Feuerwehr für nicht zuständig.
Warum übernimmt ein Privatunternehmen Behördenaufgaben?
Wie konnte ein Privatunternehmen verantwortlich Aussagen zur Gefährdung der Bevölkerung außerhalb des Geländes treffen? „Die Pressemeldung der Firma Evonik erfolgte in eigener Zuständigkeit und Verantwortung“, sagt Hüsken. „Es wurde nicht im Namen der Feuerwehr Herne ,entwarnt‘.“ Auf Nachfrage der Redaktion hatte die Feuerwehr das am Dienstag noch anders dargestellt und vollumfänglich auf die Aussagen von Evonik verwiesen.
Auch für die Bezirksregierung sind das Vorgehen und die Verantwortlichkeiten bei Warnungen klar: „Für das Werk der Evonik gibt es einen externen Alarm- und Gefahrenabwehrplan, der Abläufe während eines Schadensereignisses festlegt. Dies beinhaltet auch die Meldewege. Die Warnung der Bevölkerung ist Aufgabe der Feuerwehr. Die Warnung der Bevölkerung ist nicht mit der Bezirksregierung abzustimmen“, sagt Sprecher Christoph Söbbeler.
„Die Einsatzleitung verblieb, wie bei einem Einsatz dieses Umfanges vorgeplant und üblich, bei der Werkfeuerwehr Evonik“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. „Die Warnung der Bevölkerung ist Aufgabe der Stadt Herne, dieser Aufgabe ist sie nachgekommen.“ Gegen 13 Uhr war eine Warnmeldung, unter anderem über die App NINA verschickt worden. Darin wurden Menschen zum Beispiel aufgefordert, sich in geschlossene Räume zu begeben. Für die Bewohnerinnen und Bewohner im direkten Umfeld griff ein vorher für Störfälle festgelegter Maßnahmenkatalog.
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Was passierte im Zeitraum zwischen 14.30 Uhr und 19.10 Uhr?
Was passierte im Zeitraum zwischen 14.30 Uhr und 19.10 Uhr, so dass man offensichtlich noch Anlass sah, die Warnung aufrecht zu halten? „Erst mit Abschluss der Abpumparbeiten gegen 19 Uhr wurden die vorsorglichen Gefahrstoffmessungen eingestellt und damit auch der Einsatz von Berufsfeuerwehr Herne und LANUV beendet“, sagt Evonik-Sprecherin Alexandra Boy. „Mit dem offiziellen Einsatzende wurde durch die öffentlichen Stellen dann auch die Meldungen in der NINA-App, etc. zurückgezogen. Bis zum Einsatzende wurden außerhalb des Werksgeländes keine Gefahrstoffe gemessen.“ Die Stadt bezeichnet die Zusammenarbeit zwischen der Werkfeuerwehr Evonik und der Feuerwehr Herne „zu jedem Zeitpunkt“ als „konstruktiv und zielorientiert“.
Nach WAZ-Informationen soll die Abstimmung untereinander nicht nur harmonisch verlaufen sein, die städtische Feuerwehr am Nachmittag sogar vom Evonik-Gelände geschickt worden sein. Die Stadtverwaltung will das explizit nicht so bestätigen: „Die Feuerwehr der Stadt Herne wurde ausdrücklich nicht des Geländes verwiesen“, sagt Christoph Hüsken. Von der Bezirksregierung heißt es: „Die Aussage konnte nach hiesigem Kenntnisstand bislang weder bestätigt noch widerlegt werden.“
Die städtische Feuerwehr war mit 77 Einsatzkräften und 23 Fahrzeugen im Einsatz gebunden. Dazu war der leitende Notarzt mit drei Notarzt-Fahrzeugen und vier Rettungswagen vor Ort. Vier Menschen kamen laut Evonik ins Krankenhaus.