Herne. Der Wanner Kanu-Verein soll sein Grundstück bis Ende April räumen. Der Chef der neuen XXL-Bürgerinitiative in Herne sagt: Das ist nicht nötig.

Bis Ende April muss der Wanner Kanu-Verein (WKV) sein Grundstück am Kanal in Herne räumen. Dann soll das Vereinsheim abgerissen werden, damit die Bauarbeiten für neue Wohnungen starten können. Der Zeitplan sei nötig, weil der Artenschutz das verlange, sagen Stadt und Investor. Ohne Baulärm würden sich dort Fledermäuse ihre Schlafplätze suchen; das müsse verhindert werden. Stimmt nicht, sagt die neue XXL-Bürgerinitiative „BI Herne - für mehr Lebensqualität“. Von ihr erhalten die Kanuten Unterstützung. Der Verein könne durchaus auch später umziehen, sagt der Vorsitzende Klaus Müller-Pfannenstiel gegenüber der WAZ.

Darum geht es: Der Wanner Kanu-Verein nahe der Künstlerzeche in Unser Fritz mit rund 50 Mitgliedern muss sein gemietetes Grundstück am Wasser mit Vereinsheim, Bootshaus sowie Jugend- und Fitnessraum verlassen, weil die Herner Skiba-Gruppe dort, aber auch rundherum, das Wohnquartier Grimberger Pier mit 90 Wohnungen bauen will. Dort soll als Mieter später auch der Club unterkommen: Er soll Räume in der ehemaligen Dannekampschule erhalten, die auf dem Areal zum Wohn-, Kita-und Dienstleistungsstandort umgebaut wird. Ein Teil der Schule soll nun zum Baustart ebenfalls abgerissen werden. Als Interimslösung soll der Verein nebenan vier Seecontainer - einen mit Umkleiden, Dusche und Toiletten, einen als Aufenthaltsraum und zwei für die Lagerung der Boote - bekommen, außerdem soll er weitere Boote in einer Halle in Herne-Mitte lagern können. Der Verein kritisiert diese Zwischenlösung: viel zu klein, viel zu umständlich, ärgert sich die Vorsitzende Yvonne Fuhrmann. Hinzu komme, dass der WKV so kurzfristig gar nicht umziehen könne. Er habe weder Fahrzeuge noch Helferinnen und Helfer für den Transport. Die meisten Mitglieder seien Kinder.

Herne: „Keine Fortpflanzungs- und Ruhestätte von Fledermäusen“

Rund um die ehemalige Dannekampschule wird das neue Wohngebiet „Grimberger Pier“ gebaut. Im Weg ist dafür der Wanner Kanu-Verein mit seinem Grundstück (rechts daneben am Wasser).
Rund um die ehemalige Dannekampschule wird das neue Wohngebiet „Grimberger Pier“ gebaut. Im Weg ist dafür der Wanner Kanu-Verein mit seinem Grundstück (rechts daneben am Wasser). © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Klaus Müller-Pfannenstiel, Vorsitzender der „BI Herne - für mehr Lebensqualität“, die sich jüngst aus fünf Bürgerinitiativen zusammengeschlossen hat, springt dem Verein bei. Aus artenschutzrechtlichen Gründen sei es nicht zwingend, die Gebäude des Kanu-Vereins mit dem Teil des Schulgebäudes zusammen abzureißen, meint der Umweltexperte. Nur die ehemalige Schule und die Bäume im Umkreis seien Habitat von Fledermäusen. Müller-Pfannenstiel hat sich auf dem Vereinsgelände umgesehen. Dort gebe es keine Fortpflanzungs- und Ruhestätte von Fledermäusen. „Im Übrigen“, fügt er an, „reagieren die Fledermäuse nicht unbedingt auf Baulärm und lassen sich dadurch vergrämen.“

Müller-Pfannenstiel plädiert deshalb dafür, die Umzugsfrist für den Verein zu verlängern. Das wäre einfach möglich, gerade auch dann, wenn eine regelmäßige Kontrolle des Vereinsgeländes durchgeführt würde. Dabei könnten Dachschindeln hochgehoben sowie Wärmebildkameras oder Ultraschall-Detektoren genutzt werden, um zu prüfen, ob sich bis zum Abriss doch noch Fledermäuse dort ansiedeln. Würden dabei welche entdeckt, könnten sie zu Beginn ihrer „Wochenstubenzeit“ dann immer noch vergrämt werden. Dieser Aufwand wäre „zumutbar“.

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Der Chef der XXL-Bürgerinitiative hat nun auch die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) angeschrieben und ihr mitgeteilt, dass ein Umzug des Vereins bis Ende April nicht nötig sei. In dem Brief, der der WAZ vorliegt, schreibt Müller-Pfannenstiel: „Würde man seitens der SEG und dem Unternehmen Skiba die Schwierigkeiten des Kanu-Vereins und der nicht durch den Verein verschuldeten Verzögerungen anerkennen, müsste man eigentlich Lösungen finden.“ Und weiter: „Dem Verein gebührt wohl unzweifelhaft diese Würdigung.“ Davon mal ab: Artenschutzrechtlich stelle sich ihm auch die Frage, ob aufgrund der milden Temperaturen in diesem Jahr die ehemalige Dannekampschule und der alte Baumbestand drumherum nicht bereits als Fortpflanzungs- und Ruhestätte genutzt werde.

Will die Räumung des Vereinsgeländes bis Ende April verhindern: Klaus Müller-Pfannenstiel.
Will die Räumung des Vereinsgeländes bis Ende April verhindern: Klaus Müller-Pfannenstiel. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Clubchefin Fuhrmann freut sich über die Unterstützung. Wenn sie das Clubgelände schon verlassen müssten, dann sehr gerne später. Und davon mal ab, dass der Verein den Umzug nicht allein stemmen könne: Sie habe viele Fragen, erhalte bei der Stadtentwicklungsgesellschaft aber keine Antworten. Was soll sie mit der Vereinsküche machen? Wird die eingelagert? Was passiert mit dem Mobiliar? Mit der funktionierenden Heizungsanlage? Und wann erhält sie endlich den versprochenen Schlüssel für die Lagerstätte in Herne-Mitte? Ohne Antworten könne man an einen Umzug gar nicht denken. Ihr Horrorszenario: Ende April rücken die Bagger an, und das Vereinsheim ist noch gar nicht geräumt.