Herne. Die neue Herner XXL-Bürgerinitiative protestiert gegen diverse Wohnbaupläne der Stadt. Für einen Standort ist sogar eine Klage denkbar.
Knapp zwei Monate nach der Fusion von fünf Herner Bürgerinitiativen geht die neue XXL-Initiative auf Konfrontationskurs zur Herner Verwaltung. Anlass sind aktuelle Pläne der Verwaltung für Wohnbebauungen an der Reichsstraße (Eickel) und Vödestraße (Herne-Süd) sowie die Entwicklung des Funkenbergquartiers (Herne-Mitte). In einem Fall droht die „BI Herne - für mehr Lebensqualität“, so der Name nach dem Zusammenschluss, mit rechtlichen Schritten.
Grund ist das Vorgehen der Verwaltung beim neuen Wohngebiet auf dem ehemaligen Sportplatz Reichsstraße. Etwa 145 Wohneinheiten sollen dort bekanntlich entstehen; Forderungen unter anderem nach einer wenigen dichten Bebauung wurden von der Verwaltung und der Ratsmehrheit abgewiesen.
Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli hielt die Stadt das Verfahren für die Reichsstraße jedoch zunächst an, um zu prüfen, ob sich dieser Richterspruch zu Paragraf 13b des Baugesetzbuches – er verstößt gegen europäisches Recht und darf nicht mehr angewendet werden – Auswirkungen auf die Planungen für den Ex-Sportplatz hat. Dieser Paragraf sieht bzw. sah vor, dass Bebauungspläne (B-Pläne) unter gewissen Umständen mittels eines beschleunigten Verfahrens ohne Umweltprüfung durchgeführt werden können.
Die Stadt kommt zu dem Ergebnis, dass das höchstrichterliche Urteil keine Folgen für das Vorgehen an der Reichsstraße habe. Dem widerspricht die Bürgerinitiative nach eigener juristischer Prüfung vehement: „Die Stadt kann hier nicht einfach so umswitchen und das Verfahren fortsetzen“, erklärt BI-Sprecher Klaus Müller-Pfannenstiel.
Bereits am Donnerstag, 23. November, wird sich die Bezirksvertretung Eickel vorberatend mit den Plänen für die Reichsstraße befassen; der endgültige Beschluss für die Bebauung soll am 12. Dezember im Rat erfolgen. Die BI appelliert nun an den Bezirk, das Thema aufgrund offener rechtlicher Fragen von der Tagesordnung zu nehmen. Wenn der Rat das Bauprojekt im Dezember durchwinke, zögen sie in Erwägung, dagegen zu klagen, kündigt Müller-Pfannenstiel an.
Ebenso große Empörung hat bei der BI das Vorgehen der Stadt in den Verfahren zur Wohnbebauung bzw. Nachverdichtung an der Vödestraße sowie für die Planung des Funkenbergquartiers (Polizeihochschule) ausgelöst. Die Verwaltung hat nämlich soeben die B-Pläne für beide Bereiche offengelegt, woraus sich eine Frist für Einwendungen, Beschwerden und Bedenken bis zum 5. Januar 2024 ergibt. „Zum wiederholten Male legt die Verwaltung die Beteiligung in die Ferien und in diesem Fall sogar in die Advents- und Weihnachtszeit sowie die Weihnachtsferien“, kritisiert Müller-Pfannenstiel.
Und: Die Bürgerinitiative sei im Vorfeld der erneuten Offenlage nicht beteiligt worden. Das habe allerdings System, denn auch beim B-Plan Reichsstraße sowie im Zuge der Überplanung für eine Bebauung am Zechenweg/Gelsenkircher Straße in Wanne habe die Stadt nicht den Kontakt gesucht. Nach ersten Plänen könnten dort bis zu 100 Wohnungen entstehen.
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Für die kommende Ratssitzung am Dienstag, 28. November, haben Vertreter der Initiativen zwei Einwohneranträge zum B-Plan Zechenweg gestellt. Darin berichten sie nicht nur von Anwohnerängsten vor Gesundheitsgefahren an diesem Standort, sondern werfen auch diese beiden Fragen auf: „Warum wurden und werden immer noch nicht die Bürger*innen (Wähler*innen) … frühzeitig in die städtebaulichen Planungsverfahren einbezogen?“ Und: „Warum werden Versprechen zu mehr Transparenz, zu frühzeitigem Einbeziehen von Bürger*innen und zu mehr Bürgerbeteiligung nicht eingehalten?
Die Verwaltung wird zu Beginn der Ratssitzung (16 Uhr, großer Sitzungssaal im Rathaus Herne) zu diesen Fragen Stellung nehmen.
>>> Weitere Pläne der Bürgerinitiative
- Die „BI Herne - für mehr Lebensqualität“ ist eine Fusion aus den fünf Bürgerinitiativen Reichsstraße, Vödestraße, Zechenweg, Funkenbergquartier sowie Blumenthal (Stadtwald).
- In Kürze will die BI einen gemeinnützigen Verein gründen und mit eigener Homepage online gehen. Weitere Bürgerinitiativen seien jederzeit willkommen, heißt es. Bedingung: Es muss um Bebauungspläne gehen.
- Für Januar/Februar 2024 ist ein Austausch mit der Politik geplant. Mittel- bis langfristig strebt die BI „im Sinne einer gewünschten neuen Beteiligungskultur Anforderungen für künftige Beteiligungsformate“ an.