Herne. Der Wanner Kanu-Verein in Herne muss sein Grundstück räumen. Die Vereinschefin stellt klar: Ohne Hilfe geht das nicht. Droht nun die Räumung?
Der Wanner Kanu-Verein muss sein Grundstück am Rhein-Herne-Kanal bis Ende April räumen. Dann starten die Arbeiten für das neue Wohnquartier Grimberger Pier, in dem der Club später unterkommen soll. Der Verein schlägt nun Alarm: Wohin soll der Verein in der Zwischenzeit unterkommen? Zugesagte Container für die Treffen der Clubmitglieder und die Lagerung der Boote seien noch gar nicht da, kritisiert die Vorsitzende Yvonne Fuhrmann. Und selbst wenn die Container in den kommenden Wochen kämen: Wie soll der Verein dann binnen weniger Tage einen so großen Umzug alleine stemmen?
Zunächst zum Hintergrund: Der Wanner Kanu-Verein (WKV), im Ortsteil Unser Fritz beheimatet, hat seit vielen Jahren direkt am Kanal ein Grundstück gemietet. Das Clubgelände, einen Steinwurf von Künstlerzeche und Papageienbrücke entfernt, ist groß, darauf stehen ein Bootshaus mit Jugend- und Fitnessraum sowie Lagerhalle für die 60 Boote. Dem WVK mit seinen rund 50 Mitgliedern wurde gekündigt, weil die Herner Skiba-Gruppe dort am Kanal das Wohnquartier Grimberger Pier mit 90 Wohnungen baut. In dem neuen Wohnquartier kommt später als Mieter auch der WVK unter. Er soll Räume in der ehemaligen Dannekampschule erhalten, die zum Wohn-, Kita-und Dienstleistungsstandort umgebaut wird. Keine Ideallösung, kritisierte der Verein mehrfach. Er forderte eine neues, eigenes Clubgelände am Wasser. Das lehnte die Stadt, genauer: die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG), ab. Dafür sagte sie zu, bis zur Fertigstellung des Grimberger Piers Container in der Nachbarschaft am Kanal und eine Lagerhalle in Herne-Mitte als Ausweichquartier zu besorgen - und zu bezahlen. Außerdem will die SEG anschließend zehn Jahre lang die Miete für den WKV in der Dannekampschule übernehmen. Zähneknirschend stimmte der Verein zu.
Herne: Baubeginn wegen Fledermäusen Ende April
Und nun ist es soweit: Der Club muss sein Gelände räumen - und zwar bis spätestens Ende April, sagt die Vorsitzende Yvonne Fuhrmann. Ende April nämlich, bestätigt Siegbert Panteleit (Skiba-Gruppe), müssten die Bauarbeiten für das Wohnquartier starten. Grund sei der Artenschutz: Ohne Baulärm würden sich die Fledermäuse dort ihre Schlafplätze suchen; das müsse verhindert werden. Deshalb werde das Clubheim ab Ende April abgerissen, außerdem starteten dann die Arbeiten an der Dannekampschule. „Wir haben nur ein ganz enges Zeitfenster“, erklärt Panteleit.
Club-Chefin Fuhrmann fühlt sich überrumpelt. Noch zu Beginn des Jahres habe ihr die Stadtentwicklungsgesellschaft mitgeteilt, dass der Verein bis Mai oder Juni Zeit habe, um in Container umzuziehen, sagt sie zur WAZ. Nun hätten die Kanuten plötzlich Mitte März erfahren, dass sie ihr Bootshaus binnen sechs Wochen mit Sack und Pack räumen müssten - ohne dass aber die versprochenen Container da seien. Fuhrmann ist bedient: Erst schmeiße die SEG den Verein von seinem Grundstück, dann verweigere die SEG ihm ein neues Gelände, und nun lasse die SEG den Verein beim Umzug im Regen stehen.
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Das will die Stadtentwicklungsgesellschaft so nicht stehen lassen. Die vier Seecontainer - einer mit Umkleiden, Dusche und Toiletten, einer als Aufenthaltsraum und zwei für die Lagerung der Boote - seien bestellt und würden Mitte April geliefert, sagt Achim Wixforth, Co-Chef der Stadtentwicklungsgesellschaft, zur WAZ. Die Container kämen also rechtzeitig, damit der Club sein Interimsheim beziehen könne. Außerdem habe der Verein bereits einen Schlüssel für einen Lagerraum im künftigen Funkenbergquartier in Herne-Mitte, wo der WKV jene Boote unterbringen könne, die er nicht regelmäßig brauche. Nicht zuletzt wolle die SEG einen weiteren Container bezahlen, der auf dem Gelände eines anderen Clubs am Kanal aufgestellt werden könnte.
Yvonne Fuhrmann, der Vereinschefin, reicht diese Aussage nicht. Für sie bleiben viele Fragen offen: Wie sollen all die Kinder und Jugendlichen in einem einzigen Container untergebracht werden, wenn sie nicht auf dem Wasser sind? Mit ihrem Kicker, der Tischtennisplatte und der Dartsscheibe? Jugendarbeit, auch mit den Schulen, sei so gar nicht mehr möglich. Und: Gibt es auch Regale in den beiden Lagercontainern, um die Boote dort zu sichern? Und vor allem: Wer führt den Umzug durch, wer finanziert ihn? Der Verein könne das nicht selbst übernehmen: „Ich kann doch keine Kinder und Jugendlichen zum Schleppen nehmen.“ Die SEG habe ihr dazu noch keine Auskunft gegeben. Auch dass die Container Mitte April kommen sollen, habe sie nur von der WAZ erfahren.
Und wie geht es nun weiter? Fuhrmann zuckt mit den Schultern. Der Verein, stellt sie klar, könne den Umzug nicht alleine durchführen, schon mal gar nicht in so kurzer Zeit. Sie fordert Hilfe von der Stadtentwicklungsgesellschaft. Gäbe es diese nicht, dann müssten die Fledermäuse womöglich warten, kündigt sie an.
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Das neue Wohngebiet Grimberger Pier
- Die Skiba-Gruppe will auf einem 11.500 Quadratmeter großen Areal nahe der Künstlerzeche Unser Fritz bis 2026 für rund 30 Millionen Euro das Wohnquartier „Grimberger Pier“ bauen. Im Zentrum liegt die ehemalige Dannekampschule. Aus Klassenräumen und Fluren sollen unter anderem 15 Apartments – alle etwa 35 Quadratmeter groß – und eine Kita entstehen.
- Nach dem Umbau der Schule soll drumherum der Wohnkomplex entstehen. Geplant seien dort 75 Wohnungen zwischen 47 und 82 Quadratmetern, 20 Prozent von ihnen sollen öffentlich gefördert werden, so der Investor. Weitere Informationen zum geplanten Wohnquartier: www.waz.de/239916271