Herne. Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist in Herne nicht unumstritten. Wer sich dagegen ausspricht, wie sich die Stadt positioniert.
Dass auch in Herne eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt wird, ist wahrscheinlich und wird von der Stadt auch befürwortet - hatte OB Frank Dudda doch schon vor konkreten Verhandlungen auf Bundes- und Landesebene mit diesem Instrument geliebäugelt. Der Sozialausschuss hat sich nun ausführlich mit dem Thema befasst. Dabei wurden auch zum Teil massive Vorbehalte gegen die Bezahlkarte laut.
Der Sachstand: Der Bund hat die Einführung einer Bezahlkarte beschlossen, die Ausschreibung für ein entsprechendes System läuft. Über Bargeld sollen geflüchtete Menschen demnach - anders als bisher - nur noch in geringem Maße verfügen können. NRW will sich grundsätzlich beteiligen. Ob es ein flächendeckendes und einheitliches System für alle Kommunen in NRW geben wird, ist im Rathaus nach wie vor nicht bekannt. „Wir können nur abwarten“, sagte Sozialdezernentin Stephanie Jordan im Ausschuss und verwies auf die Prozesse in Bund und Land. Herne spreche sich für eine einheitliche Regelung aus, lautete ihre zentrale Botschaft, die sie auch auf mehrfache Nachfragen nicht wesentlich konkretisieren wollte.
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Für Teile der Ratsopposition ist es keine Frage des „wie“, sondern des „ob“. Sowohl Daniel Kleibömer (Linkspartei) als auch Dorothea Schulte (Grüne) machten deutlich, dass sie eine Bezahlkarte ablehnen. Ein solches System wäre mit Diskriminierungen und Sanktionen für Geflüchtete verbunden, so der Tenor. Die Erwartung der Befürworter, dass eine Bezahlkarte die Anreize für eine Flucht nach Deutschland - der sogenannte Pull-Faktor -, verringere, sei falsch. Die Leistungen für Geflüchtete seien schon jetzt niedriger als das Bürgergeld, sagte Schulte. Es sei ein Irrglaube, dass davon hohe Summen in die Herkunftsländer überwiesen werden könnten. Und: Wissenschaftlich sei nicht nachgewiesen worden, dass Sozialleistungen ein wesentlicher Fluchtanreiz seien, sagte Justus Lichau (Grüne).
Andreas Nowak (SPD) stellte diesen Effekt ebenfalls infrage und kritisierte zudem die „schlechte Kommunikation“ der Landesregierung. Sie gehe fest davon aus, betonte Bettina Szelag (CDU), dass Bund und Land eine Lösung für die Bezahlkarte finden, die von allen getragen werden könne und vernünftig sei.
Anders als in den sozialen Medien verzichtete die Herner AfD im Ausschuss darauf, gegen Geflüchtete zu hetzen. Der Stadtverordnete und Parteichef Guido Grützmacher teilte nur knapp mit, dass die AfD für die Einführung einer Bezahlkarte sei. Weil die Stadt diese Haltung teile, habe man im Rat einen Antrag auf Einführung zurückgezogen.