Herne. Dieses TikTok-Video geht viral: Es zeigt einen Polizeieinsatz in Herne. Dabei wird ein Messer gezückt, dann kommt ein Taser zum Einsatz.

Dramatischer Polizeieinsatz in Herne: Die Polizei hat am Mittwochabend, 20. März, einen Elektroschocker gegen einen Angreifer eingesetzt. Das bestätigt die Polizei auf Nachfrage der Redaktion. Der 25-Jährige wurde mit dem sogenannten Taser außer Gefecht gesetzt. Eine eher harmlose Situation drohte plötzlich zu kippen.

+++ Hintergrund: So oft kamen Elektropistolen bislang in Herne zum Einsatz +++

Polizei wird zu vermeintlichem Routine-Einsatz an der Bahnhofsunterführung gerufen

Laut Polizei waren die Beamten gegen 18.45 Uhr zu einem vermeintlichen Routine-Einsatz an der Bahnhofstraße gerufen worden. Ein 46-jähriger Obdachloser ohne festen Wohnsitz habe die Beamten alarmiert, weil ihm wiederholt gespendetes Geld weggenommen worden sein soll. „Er hat geschildert, dass er beraubt worden ist“, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis.

Während der Vorfall aufgenommen wurde, seien ein 25-Jähriger aus Harsewinkel und ein 31-Jähriger aus Herne dazugekommen. Diese beiden Männer seien von dem Obdachlosen überraschend als Täter ausgemacht worden. Der 25-Jährige habe „sehr aggressiv“ reagiert und plötzlich ein Einhandmesser herausgeholt, sagt Frank Lemanis. Dieses Messer habe er allerdings nicht gegen die Polizei eingesetzt. Es entstand aber ein Gemenge. Die Polizei habe zunächst einen Taser-Einsatz angedroht. „Das wirkte kurzfristig.“

Ein Taser: Die Polizei demonstrierte die Elektropistolen Ende September 2022 öffentlich bei einem Termin.
Ein Taser: Die Polizei demonstrierte die Elektropistolen Ende September 2022 öffentlich bei einem Termin. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Der 25-Jährige sei allerdings wieder aggressiv geworden und habe die Beamten angegriffen und um sich getreten. Daraufhin sei der Taser eingesetzt worden. Der Taser habe dabei seinen Zweck erfüllt und den Mann kampfunfähig gemacht. Der Angreifer habe daraufhin gefesselt und festgenommen werden können. Laut Polizei hat der 25-Jährige den Einsatz ohne Verletzungen überstanden. Der Harsewinkler habe sich den Pfeil sogar selbst aus dem Körper gezogen. Es seien auch keine weiteren Stromstöße abgegeben worden.

WAZ trifft Obdachlosen in Bahnhofsnähe an

Die WAZ traf den Obdachlosen am Freitagmorgen in Bahnhofsnähe an. Der 46-Jährige berichtete in gebrochenem Deutsch, dass drei Männer ihn am Mittwoch zur Herausgabe seines Geldes aufgefordert und ihn angeschrien hätten. Das habe er verweigert und ihnen gesagt, dass er das Geld für Essen und Zigaretten benötige. Schließlich habe er ihnen das Geld gegeben. Passanten hätten nach der Auseinandersetzung die Polizei gerufen. Er sei in Herne schon häufiger bedroht und bestohlen worden, berichtete er. „Das ist unsere Straße“, hätten Täter ihm gegenüber gesagt. Neben Geld seien ihm in Herne auch schon Handy und Ausweis gestohlen worden.

„Der Taser ist immer das vorletzte Mittel“, sagt der Polizeisprecher. Das für Herne zuständige Polizeipräsidium Bochum setzt die Elektropistolen seit Oktober 2022 ein. In den meisten Fällen bleibt es bei einer Androhung. Im Jahr 2023 wurde der Taser in Bochum, Herne und Witten insgesamt zehn Mal tatsächlich eingesetzt. Die Taser sollen Täter oder Angreifer kampfunfähig machen, ohne das Risiko einzugehen, diese dabei zu töten wie bei einem Schuss mit der Schusswaffe - dem letzten Mittel. Beim Einsatz wird aus der Elektropistole ein Pfeil abgeschossen, der einen Stromstoß in den Körper des Getroffenen jagt. Es gab allerdings auch bereits Fälle, die tödlich ausgingen. Deshalb gab es bereits Forderungen aus der Herner Politik, auf den Einsatz von Tasern zu verzichten.

Die Taser befinden sich immer noch in einer Testphase. Jeder Einsatz werde dokumentiert „und auch kritisch nachbereitet“, sagt Frank Lemanis. Ermittlungen durch eine weitere Polizeibehörde gibt es im aktuellen Fall nicht, weil der 25-Jährige augenscheinlich nicht verletzt wurde.

Frank Lemanis ist Leiter der Pressestelle der Polizei. Er schildert den Polizeieinsatz aus Sicht seiner Behörde. (Archivfoto)
Frank Lemanis ist Leiter der Pressestelle der Polizei. Er schildert den Polizeieinsatz aus Sicht seiner Behörde. (Archivfoto) © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

TikTok-Video mit Szenen vom Bahnhof geht viral

Ein TikTok-Video geht seit Donnerstagabend viral und zeigt dramatische Szenen aus der Unterführung am Herner Bahnhof: Im Video ist neben arg verwackelten Bildern, die zu sehen sind, lautes Gebrüll zu hören. „Das Messer auf den Boden, jetzt! Leg dich auf den Boden!“ Der Ausruf scheint von einem Polizisten zu kommen. Beamte laufen hektisch herum, mittendrin offensichtlich eine andere Person.

Dann fällt eine Art Schuss. Jemand stöhnt auf. Eine Frau neben der Kamera schluchzt. Es scheint jemand auf dem Boden zu liegen. Die Bildqualität ist so schlecht, dass Details nicht zu erkennen sind. Das Video, das am Donnerstagabend im Netz landete, wird tausendfach geteilt und kommentiert. In einem zweiten Video wird gefragt, was los sei. Ein Nutzer verbreitet von der Polizei nun klar widerlegte Gerüchte: „[....] soweit ich weiss hat die polizei wohl 18 jährigen jungen erschossen und die anderen meinen nur mit elektroschocker [...].“ (Schreibweise im Original). mit loc

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