Herne. Die Suche nach einem Chef für eine Herner Stadttochter wurde durch politisches Geschacher torpediert. Warum es doch gut ging, wer der Neue ist.

Nach mehreren vergeblichen Anläufen haben Verwaltung und Politik endlich einen hauptamtlichen Geschäftsführer für die städtische Schulmodernisierungsgesellschaft (HSM) gefunden. Auf ihn warten in Herne buchstäblich große Baustellen.

Kämmerer und HSM-Aufsichtsratsvorsitzender Hans Werner Klee stellt den neuen Geschäftsführer am Freitag im Herner Rathaus vor: Es handelt sich um Christian Keller (52), der bislang bei der Stadt Gladbeck beschäftigt war. Der Vertrag für diese neu geschaffene Stelle läuft bis 2029. Der Rat hatte am Dienstag in nicht öffentlicher Sitzung diese Entscheidung des (mit Stadtverordneten besetzten) HSM-Aufsichtsrats bestätigt.

Er wechselte aus seinem Wohnort Gladbeck nach Herne: Christian Keller ist neuer hauptamtlicher Geschäftsführer der Schulmodernisierungsgesellschaft.
Er wechselte aus seinem Wohnort Gladbeck nach Herne: Christian Keller ist neuer hauptamtlicher Geschäftsführer der Schulmodernisierungsgesellschaft. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Er sei froh, dass die Stadt einen „hervorragenden Fachmann“ gewonnen habe, betont Klee. Christian Keller sei in dem „umfassenden Besetzungsverfahren“ (siehe auch unten) der beste Kandidat gewesen. Das Votum der vom HSM-Aufsichtsrat eingesetzten und von einem Personalberater zur Erweiterung des Kandidatenkreises unterstützten Personalfindungskommission sei einstimmig gefallen.

Keller, in Monheim geboren und in Rheine aufgewachsen, war nach seinem Architekturstudium in Dortmund zunächst Mitarbeiter des Lehrstuhls Denkmalpflege der Universität Cottbus. Anschließend war er unter anderem als freiberuflicher Architekt tätig, führte als Präsident die brandenburgische Architektenkammer und gehörte dem Vorstand der Bundesarchitektenkammer an. Im Sommer 2022 übernahm er die Leitung des Gladbecker Amtes für Immobilienwirtschaft. Dort habe er aus der Innenperspektive noch einmal einen anderen Blick auf kommunale Aufgaben gewonnen, sagt er.

In Gladbeck - auch Kellers Wohnort - führte er ein 52-köpfiges Team. In Herne ist der verheiratete Vater von drei Kindern (21, 13 und 4) Chef von nur zehn Mitarbeitenden. Wie hoch sein Gehalt bei der HSM ist, wollte die Stadt nicht verraten. „Angemessen“, so die Antwort von Kämmerer Klee auf Nachfrage der WAZ.

Herner Gesellschaft mit Etat von 100 Millionen Euro

Die Herner Schulmodernisierungsgesellschaft ist 2017 gegründet worden. „Schluss mit der Flickschusterei“ - so lautet(e) das Motto für die Stadttochter, unter deren Dach alle für die Sanierung und den Bau von Schulen anfallenden Aufgaben konzentriert wurden. Der Etat wurde zunächst auf 100 Millionen Euro festgelegt, für die Umsetzung eines Schulsanierungsprogramms beschloss der Rat eine Prioritätenliste. Inzwischen ist der Aufgabenbereich um den Bau von Kitas erweitert worden.

Das Gros der Millionen sei bereits komplett verplant, so Klee. 100 Millionen Euro höre sich viel an, aber gemessen an 500.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche sei das relativ wenig. „Wir machen uns jetzt schon Gedanken darüber, wie wir diese Summe sukzessive aufstocken können“, sagt der Dezernent. Die Stadt habe mal mit „dem ganz dicken Daumen“ gerechnet, was Herne in den kommenden 15 Jahren ausgeben müsse, um allen gesetzlichen Anforderungen wie Ausbau von OGS und Kitas gerecht zu werden, Klimaneutralität herzustellen und den Sanierungsstau zu beheben. Ergebnis: „Dann müsste ich eine Milliarde Euro investieren.“ Ihm fehle aber die Fantasie, so Klee, wie das personell und finanziell geschultert werden könnte.

Zu den aktuellen Projekten der HSM zählt unter anderem der Neubau einer Grundschule am Lackmanns Hof in Baukau für 14 Millionen Euro sowie die Errichtung von zwei neuen Kitas an der Franzstraße (Wanne) und Am Berg (Bickern). Man liege bei allen drei Projekten im Zeitplan, so die Stadt. Zum Start des neuen Schul- bzw. Kitajahres 2024/25 soll Eröffnung gefeiert werden. Bereits im November 2023 abgeschlossen werden konnten Umbau und Sanierung der Galileoschule an der Schulstraße in Herne-Mitte. Weniger erfolgreich war die HSM dagegen bislang bei Modernisierung und Umbau der Mont-Cenis-Gesamtschule. Doch auch hier gebe es Fortschritte, signalisiert die Stadt.

Die Galileoschule an der Schulstraße in Herne-Mitte ist Ende 2023 nach einer Grundsanierung eröffnet worden.
Die Galileoschule an der Schulstraße in Herne-Mitte ist Ende 2023 nach einer Grundsanierung eröffnet worden. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Die HSM wird seit ihrer Gründung „nebenamtlich“ von städtischen Amtsleitern geführt. Von einstmals drei Geschäftsführern ist nur noch Karla Fürtges, im Hauptjob Chefin des städtischen Gebäudemanagements, im Amt. Um dem großen und nun auch noch um den Bau eines Lehrschwimmbeckens erweiterten Leistungsspektrum der HSM Rechnung zu tragen, ist von Stadt und Politik die Schaffung der neuen Stelle vereinbart worden.

Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch:

Einziger Berührungspunkt mit Herne sei bislang das Museum für Archäologie gewesen, berichtet Keller. Vor dem Bau der LWL-Einrichtung auf dem Europaplatz habe er einst als Architekturstudent die Übungs-Aufgabe erhalten, das Museum zu planen. Was er damals entworfen habe, wolle er heute lieber nicht mehr zeigen. „Es war ein dreieckiges Gebäude. Ich weiß nicht, was mich damals dazu getrieben hat“, sagt Keller und lacht.

Besetzung des Herner Chef-Postens: Das Scheitern der CDU

  • Vier Bewerbungsrunden und mehrere Monate waren nötig, um diese Personalie bei der HSM endlich vom Tisch zu bekommen.
  • Das Hauptproblem: Die CDU hatte laut Ratskooperationsvertrag mit der SPD zwar das „Vorschlagsrecht“ für den neuen Chef-Posten, konnte ihre beiden (nach Informationen der WAZ der CDU bzw. Herner Christdemokraten nahe stehenden) Bewerber aber nicht durchsetzen: Sowohl die SPD als auch die Grünen hielten diese für ungeeignet.
  • Am Ende verzichtete die CDU auf ihr „Vorschlagsrecht“ und stellte sich hinter den (parteilosen) Bewerber Christian Keller. Im Gegenzug soll die CDU von der SPD eine „Kompensation“, sprich: das „Vorschlagsrecht“ für eine andere städtische Spitzen-Personalie erhalten, so war zu hören.