Herne. Der Schulleiterin einer Herner Gesamtschule reicht’s: Mehr als sechs Jahre stehe der Bauzaun, bis heute sei nichts geschehen. Was dahintersteckt.
Lehrkräfte und Schüler der Gesamtschule Mont-Cenis in Herne warten seit Jahren darauf, dass die Schule saniert wird und einen Teilneubau erhält. Bisher vergeblich. Mit einem deutlichen Appell hat sich Schulleiterin Sylke Reimann-Pérez deshalb zuletzt an den Schulausschuss gewandt. Und auch ein Lehrer macht deutlich, was das Warten auf die Baustelle mit Schülern und Lehrern macht. Aber warum stockt der Start der Baustelle seit Jahren überhaupt?
Als Sylke Reimann-Pérez vor etwa secheinhalb Jahren ihre Stelle in Sodingen antrat, habe ein Bauzaun auf dem Schulhof gestanden, erinnert sie sich. Ihr sei damals gesagt worden, dass bald die Sanierung und der Neubau beginne. Auch die WAZ berichtete bereits 2018, dass die Baumaßnahmen „nun endlich losgehen“ sollen. Aber: „Bis heute hat sich nicht entscheidend etwas geändert“, sagte sie mit einem Hauch Verzweiflung in der Stimme vor dem Schulausschuss. Und fragt die Politik: „Wann fängt es jetzt endlich an?“
Denn für sie geht es um so viel: Die Anmeldezahlen an der Mont-Cenis-Gesamtschule waren in den vergangenen Jahren nicht gerade rosig. „Welche Eltern möchten ihre Kinder denn in einem Bau wie diesem anmelden?“, fragt sie rhetorisch. Egal wie gut die pädagogische Arbeit vor Ort sei, wirke das Erscheinungsbild der Schule abschreckend für viele Eltern und Schüler.
Herne: Ruf von Mont-Cenis-Gesamtschule leidet unter Bauzustand
„Die Mont-Cenis-Gesamtschule leistet pädagogisch hervorragende Arbeit“, betont Schuldezernent Andreas Merkendorf gegenüber der WAZ und räumt ein: „Diese wird jedoch durch den baulichen Eindruck vor Ort teilweise überschattet, was sich unter anderem auch im Schulwahlverhalten niederschlägt.“ Von der Sanierung und dem Teilneubau der Mont-Cenis-Gesamtschule erwarte er sich wichtige Impulse. „Eine Verzögerung der Bauarbeiten wäre daher aus Sicht der Schulentwicklung sehr bedauerlich.“
Doch dazu wird es weiter kommen. Erst kürzlich habe die Schulleiterin erfahren, dass sich der Baubeginn weiter verschiebe – um Monate, wenn nicht Jahre, gibt Reimann-Pérez an. „Es gibt offene Klärungspunkte mit dem beauftragten Planer“, begründet Merkendorf. Die Herner Schulmodernisierungsgesellschaft (HSM) befinde sich hierzu in intensiven Gesprächen. „Abschließende Informationen über mögliche Verzögerungen und deren Ausmaß liegen uns noch nicht vor“, so der Schuldezernent.
Aus einem politischen Lager heißt es, dass sich der Bau der Mont-Cenis-Gesamtschule wegen Unstimmigkeiten innerhalb der HSM verzögere. Man sei sich nicht einig, in welche Richtung gebaut werden solle. Es sei versucht worden, Geld einzusparen und das sei nun wie ein Bumerang zurückgekommen, da die Baukosten immer weiter gestiegen seien. Die Sprache ist von einem „riesiges Verschlampen“, das zur Bauverzögerung führe. Das Projekt hinge in den Seilen.
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Derzeit ist die Stelle einer hauptamtlichen Geschäftsführung der HSM ausgeschrieben. Die Stadt betont jedoch auf Anfrage, dass diese Stellenvakanz sich nicht auf die Geschäfte der HSM auswirke, da die HSM über eine Geschäftsführung verfüge. Diese haben derzeit Karla Fürtges, städtische Fachbereichsleiterin Gebäudemanagement, und Dennis Neumann, städtischer Fachbereichsleiter Schule und Weiterbildung, aber nur nebenamtlich inne. Neumann verlässt die Stadt zum 1. November.
Aber zurück zur Gesamtschule Mont-Cenis: Merkendorf gibt an, dass Teilprojekte, wie die Sanierung der Lüftungsanlage der Aula, bereits abgeschlossen wurden, die Sanierung der Sporthalle sich bereits auf der Zielgerade befinde. „Weitere Maßnahmen befinden sich aktuell in der Planung“, heißt es darüber hinaus. Gemeint ist der Neubau eines Unterrichtsgebäudes, der Abriss und Neubau des Foyers, die Sanierung des 50er-Jahre- und des 90er-Jahre-Gebäudes sowie der Abriss der 70er-Jahre-Gebäude und die Neugestaltung der Außenanlagen.
„Wir sind noch sehr weit weg von der Grundsteinlegung“, sagt Markus Mähler, der nicht nur als CDU-Stadtverordneter im Schulausschuss sitzt, sondern selbst Lehrer an der Mont-Cenis-Gesamtschule ist. Von der ersten Idee bis zur Umsetzung würde es im schlechtesten Fall 13 Jahre dauern. „Das ist ein Zeitraum, der geht nicht“, sagt er klar. „Die Mont-Cenis ist eine der herausforderndsten Schulen der Stadt und hat gleichzeitig das herausforderndste Schulgebäude.“ Das passe nicht zusammen und müsse eigentlich umgekehrt sein.
Herner Politiker und Lehrer sieht OB Dudda in der Pflicht
Im Kollegium herrsche deshalb viel Unverständnis, so Mähler. Von einer Sanierung erwartet er sich sehr viel: „Das würde Schwung fürs ganze Kollegium geben, Schwung auch bei der unterrichtlichen Arbeit in Bezug auf Mehrzweckräume, Differenzierung, Schwung aber auch für die Schülerinnen und Schüler, die auch merken, in welchem Umfeld sie sind und wie Unterricht teilweise stattfinden muss.“ Und es könne auch Schwung geben für das ganze Quartier, sagt Mähler und fordert: „Sowohl parteiübergreifend die Herner Politik als auch die Verwaltung müssen das im schulpolitischen Bereich als oberste Priorität auf die Agenda nehmen.“
Und er sieht auch Oberbürgermeister Frank Dudda in der Pflicht: „Wenn da von oberster Stelle noch mehr Fokus und noch mehr Schwung und Druck kommen würde, wäre das für alle Beteiligten gut.“ Schließlich gehe es bei dem Projekt nicht nur um Sodingen, sondern um die Zukunftsfähigkeit der Stadt. „Es kann nicht sein, dass so ein Großprojekt an einer Schule mit 1000 Schülern so lange Zeit in Anspruch nimmt“, so der CDU-Politiker.
„Es ist nicht schön, immer auf die Baustelle reduziert zu werden“, sagt Schulleiterin Sylke Reimann-Pérez. Deshalb hofft sie, dass es nach all den Jahren bald los geht: „Ich warte darauf, dass endlich die Bagger rollen.“
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>>>WEITERE INFORMATIONEN:
- Die Mont-Cenis-Gesamtschule wurde 1984 gegründet und feiert im kommenden Jahr ihr 40. Jubiläum.
- Die Ganztagsschule gehört seit 2020/21 zu den Talentschulen, die vom Land NRW besonders gefördert werden.
- 2017 wurde das Projekt zur Sanierung und zum Teilneubau angestoßen.