Herne. In Herne soll noch in diesem Jahr ein „Tele-Notarzt“ in Dienst gestellt werden. Er ist nicht live an Bord eines Krankenwagens.
Die moderne Technik macht es möglich: Die Stadt Herne will 2024 einen Tele-Notarzt einrichten. Der Mediziner oder die Medizinerin ist dann nicht an Bord eines Rettungswagens, sondern wird bei Bedarf aus der Zentrale zugeschaltet. Ist das eine Sparmaßnahme, um auf einen „echten“ Notarzt verzichten zu können? Nein, heißt es bei der Feuerwehr. Im Gegenteil: „Dadurch steigt die Versorgungsqualität vor Ort“, sagt Matthias Kimna, Abteilungsleiter bei der Feuerwehr.
Es sind die Städte Bochum, Bottrop, Gelsenkirchen und Herne, die den „Tele-Notarzt Mittleres Ruhrgebiet“ nach mehrjähriger Planung gemeinsam stemmen wollen. Dafür hat der Rat am Dienstag, 20. Februar, einstimmig grünes Licht gegeben. Nun soll der „Mediziner aus der Ferne“ noch in diesem Jahr in Dienst gestellt werden. Der Vorteil: Notärzte, so der Plan, müssten künftig nicht mehr so häufig zur Unterstützung von Sanitäterinnen und Sanitätern ausrücken, wenn es auch ein Tele-Notarzt tut. Die Medizinerinnen und Mediziner könnten sich dann auf die wirklich wichtigen Fälle konzentrieren.
Herne: Tele-Notarzt kann Vitaldaten jederzeit überprüfen
Zwei Notärztinnen und Notärzte sind in Herne rund um die Uhr im Einsatz. Bei bis zu 25 Prozent der rund 3000 Rettungsdienstfahrten jährlich leisten sie Unterstützung. Dabei fahren sie zum Einsatzort und treffen dort auf die Sanitäterinnen und Sanitäter, die in ihren Rettungswagen ausgerückt sind. Das Problem: Nicht immer sind die Ärztinnen und Ärzte erforderlich, wie sich erst im Laufe des Einsatzes zeigt, und manchmal fehlen sie in genau diesem Moment an anderer Stelle. Dieses Problem soll der Tele-Notarzt beheben. Laut einem Gutachten könnten 25 Prozent der notärztlich begleiteten Rettungsdienst-Einsätze künftig durch den Tele-Notarzt oder die Tele-Notärztin unterstützt werden, sagt Kimna.
Automatisch an Bord eines Rettungswagens seien Notärztinnen und -ärzte beispielsweise bei Verlegungen von einem Herner Krankenhaus ins andere, sagt der Abteilungsleiter der Feuerwehr. Dabei überwachten sie an Bord etwa die Vitalwerte der Patientinnen und Patienten. Auch würden sie oft zum Einsatzort geschickt, wenn Menschen unklare Schmerzen hätten. In vielen dieser Fälle reiche künftig eine Tele-Notärztin beziehungsweise ein Tele-Notarzt aus. Er oder sie schalte sich einfach aus der Zentrale per Smartphone, Tablet oder Videokamera zu und könne sich auf diese Weise den Patienten oder die Patientin anschauen, wenn möglich sogar mit ihr oder ihm sprechen. Außerdem könne die Ärztin oder der Arzt auch aus der Ferne die wichtigsten Parameter wie EKG-Werte oder Sauerstoffsättigung in Echtzeit überprüfen. Wenn erforderlich, könne die Tele-Notärztin oder der Tele-Notarzt die Sanitäterinnen und Sanitäter anweisen, Maßnahmen zu ergreifen, also etwa Medikamente zu spritzen.
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Wenn erforderlich, rücke natürlich auch in Zukunft ein „echter“ Notarzt aus, betont Kimna. Bei bestimmten Krankheitsbildern oder Notsituationen wie Verdacht auf Herzinfarkt, einer Reanimation oder einem schweren Verkehrsunfall werde automatisch ein Notarzt zum Rendezvous mit den Rettungssanitäterinnen und -sanitätern entsandt - so wie bislang auch.
Der neue Notarzt soll zeitgleich für mehrere Städte verantwortlich sein, deshalb die Kooperation im mittleren Ruhrgebiet. Seinen Computer-Arbeitsplatz soll er demnächst in Bochum haben. Dort seien beim Neubau der Feuerwehr-Leitstelle 2021 bereits Räume dafür eingerichtet worden, so die Stadt Herne. Für den Fall eines Technikausfalls soll aber ein zweiter Standort aufgebaut werden, voraussichtlich in Herne, in der neuen Feuer- und Rettungswache, die in den kommenden Jahren in Horsthausen gebaut wird. Darüber hinaus will der „Tele-Notarzt Mittleres Ruhrgebiet“ mit dem „Tele-Notarzt Östliches Ruhrgebiet“ in Dortmund kooperieren. Bei „Überlastungsspitzen“ könne dann der Kollege oder die Kollegin aus der Nachbarregion einspringen, so die Stadt.
>>> Kosten sollen unter den Städten aufgeteilt werden
Eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Städten soll die gemeinsame Trägerschaft des „Tele-Notarzt Mittleres Ruhrgebiet“ regeln. Dort übernimmt die Stadt Bochum die Rolle eines „Kernträgers“.
Die gemeinsamen Kosten sollen anhand eines Verteilschlüssels zu 40 Prozent auf die Stadt Bochum, zu 30 Prozent auf die Stadt Gelsenkirchen, zu 20 Prozent auf die Stadt Herne und zu 10 Prozent auf die Stadt Bottrop aufgeteilt werden.