Herne. Herne erlebt einen wahren Wachstumsschub: Die Bevölkerungszahl erreicht ein 15-Jahres-Hoch. Das liegt vor allem an zwei Gründen.

„Herne schrumpft weiter“: So lautete eine Überschrift in der Herner WAZ im Sommer 2013. Mehr Sterbefälle als Geburten, zu wenig Zuzüge, um das Defizit auszugleichen - das waren über viele Jahre die Gründe für den stetigen Rückgang der Bevölkerung. Was damals niemand ahnte: Das Schrumpfen hatte kurz darauf ein Ende, die Bevölkerungszahlen zogen an. Aktuell leben in Herne so viele Menschen wie seit über 15 Jahren nicht: Mehr Einwohnerinnen und Einwohner wurden zuletzt im April 2008 gezählt.

Genau 162.390 Menschen lebten laut städtischem Register Ende 2023 in Herne. Vor zehn Jahren, als die WAZ über den Bevölkerungsverlust berichtete, waren es über 4000 Menschen weniger. Damals hatte die Stadt gerade einen historischen Tiefpunkt erreicht: Im April 2013, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken, hätten mit 158.006 Einwohnerinnen und Einwohnern so wenig Menschen in der Stadt gelebt wie noch nie seit der kommunalen Neuordnung 1975. Damals wurden die Städte Herne und Wanne-Eickel zur „neuen“ Stadt Herne zusammengelegt. Seit 2013 zeigt die Bevölkerungskurve, wenn auch mit kleinen Brüchen, kontinuierlich nach oben.

Stadt Herne: Zuwanderung und Aufschwung sorgen für Boom

Laut Stadt hat der Einwohnerzuwachs vor allem zwei Gründe: die Zuwanderung und den Aufschwung in Herne. In der Folge der Fluchtbewegungen der Jahre 2015/16 - vor allem durch Menschen syrischer Staatsangehörigkeit - sowie seit 2022 aus der Ukraine seien deutlich mehr ausländische Menschen in die Stadt gekommen als in den Jahren davor. „Menschen aus Syrien stellen inzwischen die zweitgrößte Gruppe an Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit“, sagt Hüsken. Konkret: 7699 Syrerinnen und Syrer lebten Ende 2023 in Herne. Vor zehn Jahren waren es nur 363, damals bildeten sie gerade mal die fünftgrößte Gruppe. Zu den Ukrainerinnen und Ukrainern: 150 lebten Ende 2013 in Herne, nun, Ende 2023, waren es 1825.

Zur positiven Entwicklung in der Stadt: „Herne hat sich in den vergangenen Jahren attraktiv als Wohnstandort und auch wirtschaftlich entwickelt“, so Stadtsprecher Hüsken zur WAZ. „Das zieht Menschen in unsere Stadt.“ Damit spielt er unter anderem auf den Arbeitsmarkt an, der sich zu einer Erfolgsstory entwickelt hat. So ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs zuletzt im fünften Jahr in Folge angestiegen - auf nun knapp 50.000. In den vergangenen fünf Jahren hat die Arbeitsagentur nach eigenen Angaben demnach fast zehn Prozent Zuwachs bei der Beschäftigung registriert. Das macht Herne attraktiv für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

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Ein Blick ins Statistikportal der Stadt offenbart aber auch: Ohne die Zuwanderung würde Herne noch immer schrumpfen. Ende 2013 lebten in dieser Stadt 137.535 Deutsche, zuletzt, zehn Jahre später, waren es nur noch 127.286. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer von 20.742 auf 35.104. Betrug der Ausländeranteil der Gesamtbevölkerung vor zehn Jahren 13 Prozent, so sind es heute 22 Prozent. Die größte Gruppe der Ausländerinnen und Ausländer bilden mit aktuell knapp 9500 seit vielen Jahren die Türkinnen und Türken, gefolgt von Syrerinnen und Syrern mit besagten 7699, gefolgt von den Rumäninnen und Rumänen mit 1946.

Amtlich sind diese Zahlen übrigens nicht. Die meist zitierte und etwa für Schlüsselzuweisungen also Finanzhilfen des Landes entscheidende „amtliche Einwohnerzahl“ geht aus dem städtischen Einwohnermelderegister nicht hervor. Diese offizielle Zahl ermittelt nämlich nicht die Stadtverwaltung, sondern das Land, genauer: der Landesbetrieb IT NRW. Die neuen Daten zum Stichtag 31. Dezember 2023, heißt es, werden für die NRW-Kommunen voraussichtlich im Juni veröffentlicht. Durchaus möglich, dass Herne in dieser Statistik deutlich weniger Einwohnerinnen und Einwohner hat und offiziell sogar unter die 160.000-Einwohner-Grenze rutscht. Denn: Bei einem Vergleich beider Statistiken waren schon vor knapp fünf Jahren im städtischen Register 4000 Menschen weniger aufgeführt als in der Landesstatistik. Warum die Zahlen so unterschiedlich sind, wissen die Verantwortlichen im Rathaus nicht konkret. „Das ist ein Problem, mit dem wir uns seit Jahren herumschlagen“, hieß es aus der Statistikstelle.