Herne. Die Bevölkerungszahl sinkt. So weit, so bekannt. Neue Zahlen zeigen aber: Herne schrumpft deutlich geringer, als zuletzt gedacht. Zu den Gründen.
Der Bevölkerungsrückgang in Herne fällt nicht so drastisch aus wie noch vor einigen Jahren angenommen. Das zeigt eine neue Prognose von IT.NRW, dem Statistischen Landesamt.
Bis zum Jahr 2040 verliert Herne nach den neuen Berechnungen 2,4 Prozent an Bürgern und landet nach Schätzungen der Statistiker bei 152.693 Menschen. Bei der letzten Prognose vor drei Jahren kam Herne 2040 unter die „magische Grenze“ von 150.000 Einwohnern: nämlich nur auf 148.600 Bürger – ein Minus von 3,8 Prozent. Aktuell hatte Herne Ende 2018 rund 156.000 Einwohner. Kurios dabei: Die Stadt Herne führt eine eigene Bevölkerungsstatistik, demnach lebten Ende 2018 rund 161.000 Menschen in der Stadt.
Einwohnerrückgang ist nichts Überraschendes
Dass Herne Einwohner verliert, sei „nichts Überraschendes“, sagt Dennis Neumann von der städtischen Stabsstelle Zukunft der Gesellschaft. Seit Jahren sei die Zahl der Geburten in Herne niedriger als die der Sterbefälle. So lag das Saldo aus Geburten und Sterbefällen laut Stadt allein 2018 bei -830. Dass der Einwohnerverlust laut Prognose nun moderater ausfalle, liege an „Wanderungsgewinnen“ der vergangenen Jahre.
Konkret, erklärt Benjamin Harney, Leiter der städtischen Statistikstelle, habe vor allem der Zuwachs von Flüchtlingen in Herne insbesondere zwischen 2015 und 2016 für ein Einwohnerplus gesorgt. Aber auch die EU-Osterweiterung beziehungsweise die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit – Stichwort: Bulgarien und Rumänien – habe Auswirkungen auf die Statistik gezeigt, ebenso die Wirtschaftskrise mit Jugendarbeitslosigkeit in südeuropäischen EU-Staaten. Und nicht zuletzt gebe es „Stadt-Umland-Wanderungen“, sprich: Wohnen in der Stadt werde attraktiver.
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Rahmenbedingungen können sich schnell ändern
Ob die neue Prognose nun realistischer ist als die alte, sei schwer einschätzbar, sagen Neumann und Harney. Rahmenbedingungen könnten sich schnell ändern. Wie ist die Situation künftig in alten und neuen Krisengebieten? Welche Folgen hat ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz? Das alles sei unklar. Eine Rolle spiele auch die wirtschaftliche Situation und damit die Arbeitskräftenachfrage vor Ort. So gebe es in Herne mittlerweile „ein stark verbessertes Investitionsklima“ durch mehrere Neuansiedlungen; auch das könne sich auswirken – in diesem Fall positiv.
Für die Stadt, sagt Dennis Neumann von der Stabsstelle Zukunft der Gesellschaft sei die Prognose der Einwohnerzahlen wichtig, auch wenn nicht feststehe, wie genau sie sei. So habe die Vorausberechnung Einfluss auf die Arbeit von Stadt und Politik, sowohl bei der Festlegung von Themenschwerpunkten als auch im Hinblick auf die Infrastrukturplanung. Dabei, so Neumann, schaue die Verwaltung nicht nur auf die Entwicklung der Einwohnerzahl, sondern auch auf die Entwicklung der Bevölkerung insgesamt, aber auch in Stadtteilen.
Bevölkerung wird immer älter
So sei etwa klar, dass die Bevölkerung in Herne immer älter werde, die Zahl der Hochbetagten steige. Konsequenzen: Die Stadt, aber auch Wohnungen müssten barrierefreier werden, außerdem steige der Bedarf an ambulanten und stationären Pflegedienstleistungen. Außerdem, um ein weiteres Beispiel zu nennen, hinge auch die Nachfrage nach Kindertageseinrichtungen und Schulen von der demografischen Entwicklung ab.
Mehr Menschen in NRW erwartet
Laut IT.NRW steigt die Zahl der Einwohner in NRW bis zum Jahr 2040 von 17,9 auf 18,1 Millionen Menschen; das ist ein Plus von 0,9 Prozent. In 22 der 53 kreisfreien Städte sowie in 119 der 373 kreisangehörigen Städte wird ebenfalls ein Bevölkerungswachstum prognostiziert.
Für die Städte des Ruhrgebiets werden – mit Ausnahme von Essen und Dortmund – sinkende Einwohnerzahlen erwartet. In Mülheim fällt das Minus mit -1,5 am geringsten aus, im Bottrop liegt es mit -6,7 am höchsten.
Bei ihrer Betrachtung nutzt die Stadt aber ihre eigene Statistik, nach der Herne im Vergleich zu den IT.NRW-Zahlen knapp 4000 Einwohner mehr hat. Warum die Zahlen so unterschiedlich sind, weiß der Leiter der städtischen Statistikstelle nicht: „Das ist ein Problem, mit dem wir uns seit Jahren herumschlagen“, sagt er. Das gehe anderen Städten im Umkreis genauso. Die Verwaltung sei nun in Gespräche mit IT.NRW eingestiegen, „um das Rätsel zu lösen“. Harney vermutet, dass die Differenz am unterschiedlichen Umgang mit Meldevorgängen liegt. Auch wenn die eigenen Zahlen eine stärkere Bevölkerung abbilden: Die offiziellen Zahlen seien immer die des Landes, also die von IT.NRW.