Herne. Millionenlöcher und riesige Schulden plagen die Stadt Herne. Trotzdem stellt sie immer mehr Personal ein. Wie passt das zusammen?
Im Herner Rathaus arbeiten immer mehr Menschen, die Stadtverwaltung wächst und wächst. 2024 sollen 2881 Menschen bei der Stadt arbeiten, das sind knapp 50 mehr als im laufenden Jahr. Für die zusätzlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss die klamme Stadt, die mit Millionenlöchern kämpft, deutlich mehr Geld ausgeben. In der Politik werden derweil kritische Stimmen laut: Die einen fordern weniger, die anderen sogar noch mehr Personal.
Kann man in der heutigen Zeit überhaupt ohne Stellenzuwächse in der Verwaltung auskommen? Diese Frage stellte Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) in der vergangenen Ratssitzung – und beantwortete sie postwendend „klar mit nein“. Die Kommunen in Deutschland müssten immer mehr Aufgaben übernehmen, die ihnen von Bund und Land aufgedrückt würden. Um neue gesetzliche Vorgaben erfüllen zu können, sei es notwendig, neue Planstellen einzurichten, Personal zu übernehmen und eben auch einzustellen. Zuschüsse, kritisierte der OB, gebe es nur „an der einen oder anderen Stelle“. Finanzieren müsse die Stadt die Stellen also oft genug alleine. Das sei „immer eine Herausforderung“, so der Dudda mit Blick auf die leeren Kassen.
Herne: Auch Stadt spürt den Fachkräftemangel
Als „Musterbeispiel“ dafür bezeichnete er die fünf neuen Planstellen im Fachbereich Schule und Weiterbildung. Diese, so wollten es Bund und Land, müssten im Rahmen der weiteren Digitalisierung der Schulen geschaffen werden: „Am Ende sagt man der Kommune: Kümmert euch darum, wie ihr das abwickelt.“ Weitere Beispiele: Weil die Stadt die Kitas ausbauen und deshalb mehr Personal einstellen muss, würden im kommenden Jahr 13 neue Stellen geschaffen. Weil es im Ausländer- und Staatsangehörigkeitswesen neue gesetzliche Regelungen gebe, müssten neun Stellen zusätzliche eingerichtet werden. Und weil es eine Wohngeldreform gegeben habe, würden sieben weitere Mitarbeitende eingestellt.
Zu den Zahlen: Der Stellenplan 2024 verzeichnet ein Plus von rund 74 Vollzeitstellen, 24 davon seien ganz oder teilweise refinanziert. Dem gegenüber stünden knapp 25 Stellenreduzierungen: Jobs seien abgebaut worden entweder aufgrund sinkender Fallzahlen in bestimmten Arbeitsbereichen, aufgrund von Umorganisationen oder weil Altersteilzeitregelungen ausliefen. Summa summarum übrig bleibt besagter Stellenzuwachs von knapp 50 Mitarbeitern.
Nicht alle Stellen, die das Rathaus besetzen möchte, können aber auch besetzt werden. Zum Stichtag 30. Juni 2023 seien 197 Planstellen frei geblieben. Bei der Stadtverwaltung gebe es damit eine Besetzungsquote von 93 Prozent. Dudda sprach angesichts dieser Zahl von einem „Fachkräftemangel, der sich beginnt abzuzeichnen“.
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Die Grünen forderten noch mehr Personal, konkret: ein Plus in der Einbürgerungsstelle von vier auf sechs Mitarbeitende. Grund sei der Umstand, dass Menschen, die sich einbürgern wollen, über ein Jahr auf ein Erstgespräch warten müssten. „Das kann nicht sein. Wir halten das für unverantwortlich“, kritisierte Ratsfrau Dorothea Schulte. Die zusätzlichen Stellen, fügte sie an, kosteten der Stadt im Übrigen keinen einzigen Cent, denn sie würden „refinanziert durch die Gebühren der Menschen, die sich einbürgern wollen“.
Auch die Linken forderten mehr Personal: zwei zusätzliche im Umweltamt und eine zusätzliche für den Radverkehr. Auf diese Weise, so Ratsfrau Klaudia Scholz, könnte die Stadt sich besser auf den Klimawandel vorbereiten. Beide Anträge wurden mit großer Mehrheit, unter anderem von der SPD/CDU-Ratskoalition, abgelehnt.
Die AfD lehnte das zusätzliche Personal ab: „Dies ist in Anbetracht der aktuellen Situation nicht nur unverantwortlich, sondern verschärft die finanzielle Misere zusätzlich.“