Herne. Gegenwind für Stadt und Parteien: Wie der Zusammenschluss von fünf Herner Bürgerinitiativen verlief, was sie bei Bauprojekten ändern wollen.
„Wir sind empört. Wir werden nicht gehört.“ Unter dieses Motto hatten fünf Herner Bürgerinitiativen ihre gemeinsame Veranstaltung am Mittwochabend, 27. September, im Treffpunkt Eickel gestellt. Am Ende des eineinhalbstündigen Austauschs stand der Zusammenschluss zur Dachorganisation „Bürgerinitiative Herne für mehr Lebensqualität“ – verbunden mit der Hoffnung, einen „dringend benötigten konstruktiven Dialog mit Politik und Verwaltung einzuleiten“, so die Botschaft.
Es seien die selben Themen, mit denen sich Bürgerinnen und Bürger auseinandersetzen müssten, sagte Klaus Müller-Pfannenstiel, Co-Chef eines Büros für Umwelt- und Landschaftsplanung sowie Unterstützer zahlreicher Initiativen, in der Begrüßung vor mehr als 60 Menschen. Wie groß der Unmut über negative Erfahrungen mit Verwaltung und Politik in Herne ist, das wurde anschließend in Statements von Vertreterinnen und Vertretern der fünf BIs – Zechenweg, Vödestraße, Reichsstraße, Funkenbergquartier und Stadtwald (Blumenthal) – sehr deutlich.
Riesige Defizite in der Informationspolitik, falsche oder geschönte Gutachten, nicht eingehaltene Versprechen, Blockadehaltung – diese und weitere Vorwürfe richteten die Initiativen gegen die Stadt. Auch diese Kritik zog sich wie ein roter Faden durch Berichte: Pläne für (Wohn-)Bebauung seien nach jahrelanger Vorbereitung von der Stadt in der Regel vor den Ferien veröffentlicht worden, was das Verfassen von Einwendungen innerhalb der vorgeschriebenen Vier-Wochen-Frist zusätzlich erschwert habe. Frank Teubert, Sprecher der BI Vödestraße, berichtete, dass ihm eine Mitarbeiterin der Verwaltung mal gesagt habe: „Was die Stadt Herne haben will, das bekommt sie auch.“
+++ Lesen Sie auch: Einfamilienhäuser: Streit um Baugebiet geht weiter +++
Nicht minder kritisch bewerteten die Initiativen die Rolle der pauschal als „die Politik“ bezeichneten Herner Parteien. Auf den Punkt gebracht: Diese würden ihrer eigentlichen Aufgabe – Vertretung der Interessen von Bürgerinnen und Bürgern – nicht gerecht. Kay Thörmer von der 2019 gegründeten BI Stadtwald schilderte seine persönliche Erfahrung so: „Ich war ernüchtert, festzustellen, mit welchen Mitteln die Politik hier in Herne arbeitet: Am Anfang wurden wir belacht. Dann wurden wir abgewertet und bekämpft, dann versuchte man uns regelrecht zu zerstören. Und dann kam Corona.“
Auch interessant
Und was plant der Zusammenschluss der Bürgerinitiativen nun ganz konkret? Der Aufbau einer Organisations- und Arbeitsstruktur sei geplant, kündigten Peter Mahlberg von der BI Zechenweg und Klaus Müller-Pfannenstiel an. Als Informations- und Austauschplattform solle eine gemeinsame Homepage dienen. Es sollten Prioritäten gesetzt und gemeinsame Aktionen koordiniert werden. Der Zusammenschluss der BIs richte sich nicht nur an Mitglieder, sondern stehe allen Interessierten offen. „Wenn wir das aufgebaut haben, gehen wir auf die Politik zu und fordern eine andere Beteiligungskultur in Herne“, so Mahlberg. Dafür müssten neue und bürgernahe Formate entwickelt werden, denn: „Eine echte Beteiligung findet derzeit nicht statt. Das kann so nicht bleiben.“
Die Initiativen wollen aber nicht nur Strukturen in den Blick nehmen. „Es geht auch darum, ein Leitbild zu entwickeln, wie künftig in Herne eine nachhaltig, ökologisch und klimaangepasste Bebauung erfolgen soll, so dass wir uns selber mit klaren inhaltlichen Vorstellungen in politische Prozesse einbringen können“, sagte Klaus Müller-Pfannenstiel. Auf sie warte nun viel Arbeit, bei der sie auf weitere Unterstützung angewiesen seien. Vom BUND erhielten sie diese, signalisierte Sprecherin Ingrid Reckmeier bereits im Treffpunkt Eickel.
>>> Großes Lob für eine Stadtverordnete
- Klaus Müller-Pfannenstiel und weitere BI-Mitglieder versäumten es nicht, die Verdienste von Klaudia Scholz zu würdigen.
- Die parteilose Stadtverordnete, die für die Linkspartei im Rat sitzt, habe die Gründung zahlreicher Bürgerinitiativen in Herne angestoßen und somit erst möglich gemacht, lobte Müller-Pfannenstiel.