Herne. Das Bauprojekt in Herne ist rechtlich zulässig: Das lässt der BUND-Chef so nicht stehen. Warum er das OVG kritisiert und mit der Stadt abrechnet.

Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat letztinstanzlich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen gegen die Stadt Herne aufgehoben und damit grünes Licht für den (Weiter-)Bau eines Mehrfamilienhaus im Landschaftsschutzgebiet an der Bergstraße in Herne-Süd gegeben. Der frühere Stadtmitarbeiter Rolf Reinholz, der mit dem Umweltverband BUND gegen die Baugenehmigung geklagt hatte, kritisiert das OVG, rechnet mit dem Vorgehen der Stadt ab und nimmt Stellung zum WAZ-Bericht.

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Die „von der Stadt Herne aufgestellte Falschbehauptung“, der Regionalverband Ruhr (RVR) habe das Grundstück als Bauland verkauft und dann unter Landschaftsschutz gestellt, sei schon vor längerer Zeit widerlegt worden, betont der Co-Vorsitzende des BUND. Aufgrund einer Anfrage der Grünen-Fraktion im RVR habe dieser mitgeteilt, dass das Grundstück nie im Besitz des RVR bzw. ihres Vorgängers KVR gewesen sei. „Im Übrigen erfolgte die Unterschutzstellung 1989 durch einen Beschluss des Rates der Stadt Herne“, so der Vorsitzende des Herner Naturschutzbeirats.

Geltungsbereich des Landschaftsplanes sei Anfang der 80er-Jahre durch das Planungsamt der Stadt Herne in einem langwierigen Verfahren festgelegt worden. Der Geltungsbereich dürfe sich nur auf den baulichen Außenbereich erstrecken. „Die Meinung, dass die betroffene Fläche im Außenbereich liegt, wurde auch jahrelang von der Bauordnung vertreten“, so der pensionierte langjährige Stadtmitarbeiter. Entsprechende Bauanträge von Normalsterblichen seien auch konsequenterweise mit der Begründung „Landschaftsschutz und Außenbereich“ mehrfach durch die Stadt Herne abgelehnt worden.

„Warum hat sich die Stadt Herne das lukrative Geschäft entgehen lassen?“

Als das Grundstück von der Eigentümerin - eine Erbengemeinschaft - der Stadt zum Kauf angeboten worden sei, habe die Verwaltung „den Deal an einen guten Bekannten des verantwortlichen städtischen Mitarbeiters vermittelt“. Anschließend habe sich plötzlich „zufällig“ die Verwaltungsmeinung geändert: Das Grundstück sei zur „Baulücke“ geworden. „Es stellt sich hier die Frage, warum sich die Stadtentwicklungsgesellschaft Herne dieses lukrative Geschäft hat entgehen lassen“, so Reinholz. Alternativ hätte das Grundstück auch für die benachbarte Robert-Brauner-Schule erworben werden können, die unter argen Platzproblemen leide.

Die Förderschule Robert-Brauner-Schule (re.) liegt in Herne-Süd in direkter Nachbarschaft zum von der Stadt genehmigten Neubau des Mehrfamilienhauses (hinten links).
Die Förderschule Robert-Brauner-Schule (re.) liegt in Herne-Süd in direkter Nachbarschaft zum von der Stadt genehmigten Neubau des Mehrfamilienhauses (hinten links). © www.blossey.eu | Luftbildfotograf Hans Blossey

„Im Rahmen der Gerichtsverfahren wurde klar, dass es sich um einen Grenzfall handelt und es für beide Sichtweisen gute Argumente gibt – daher auch die unterschiedlichen Urteile“, erklärt Reinholz. Es könne auch sein, mutmaßt der Herner, dass die Strategie der Stadt und der Investoren, durch die gesteigerte Bauaktivität Tatsachen zu schaffen, das OVG beeinflusst habe.

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Die Entscheidung an sich könne er akzeptieren: „Kritisieren muss ich aber das OVG für die Art und Weise, wie man mit der Sache umgegangen ist.“ Bei der Aufhebung des vorläufigen Baustopps habe das Oberverwaltungsgericht sich nicht eindeutig festgelegt, sondern vielmehr das Verwaltungsgericht beauftragt, durch eine Ortstermin zu klären, ob das Grundstück im Innen- oder Außenbereich liege. Dies habe das Verwaltungsgericht dann auch getan und in einem „gut begründeten Urteil“ für Außenbereich plädiert, womit die Baugenehmigung nicht rechtens gewesen wäre. Dass OVG sei dann aber am Ende doch anderer Meinung gewesen. „Hätte das OVG sich im Eilverfahren eindeutig geäußert, hätte der BUND die Klage zurückgezogen und allen Beteiligten wären Ärger und unnötige Kosten erspart geblieben“, so der BUND-Sprecher.