Herne. Eine Ausbildung im medizinischen Bereich? Die bietet die Herner St. Elisabeth-Gruppe. WAZ-Reporter hat gegipst, intubiert und Blut abgenommen.
Arme eingipsen, Herzdruckmassage, Bananen nähen - all das konnten rund 600 junge Menschen am Donnerstag und Freitag beim Ausbildungsforum der Herner St. Elisabeth-Gruppe ausprobieren, um die verschiedenen Ausbildungsberufe kennenzulernen. Auch WAZ-Reporter Tobias Bolsmann ist unter die Medizin-Azubis gegangen.
Los geht es bei den Ergotherapeuten mit: Memory. Selbstverständlich kenne ich diesen Spieleklassiker, aber diese Version ist mir neu. Es liegen keine einfachen Karten auf dem Tisch, sie haben eine Wölbung aus Pappe, sodass man die ganz leicht greifen kann - was schon eine Anwendung in der Therapie offenbart. Diese Karten können helfen, die Motorik zu schulen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall.
Memory gibt es schon so lange, dass man gar nicht mehr merkt, dass es sich beim Namen um einen Anglizismus handelt. „Erinnerung“ oder „Gedächtnis“ lautet die deutsche Übersetzung, womit klar ist, dass das Spiel sich für die Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen anbietet. Und die Sprache kann man damit schulen, indem die Patienten sagen müssen, welches geometrische Symbol sie sehen. Ich wage ein Spielchen mit Ergotherapeut Klaudius Pernak - was ich verliere. „Man kann auch die Frustrationstoleranz mit dem Spiel üben“, sagt er. Nun gut, durch die Memory-Duelle mit meinen Kindern habe ich gelernt, mit Memory-Niederlagen umzugehen. Diese Erkenntnis bleibt haften.
Es dürfte keine große Überraschung sein, dass ich als 58-jähriger Büroarbeiter regelmäßig „Rücken“ habe. Das sogenannte Impingement-Syndrom war zum Glück noch nicht dabei. Dabei gibt es eine Verengung unter dem Schulterdach, die sehr schmerzhaft sein kann. Nun weiß ich, wo ich greifen und ziehen muss, um Linderung zu verschaffen. Areta Istresi, Auszubildende zur Physiotherapie, gibt mir Hilfestellung bei meiner spontanen Therapie bei „Patient“ Jonas Blum. Wenn man bedenkt, wie viele Knochen und Muskeln ein Mensch hat, bekomme ich eine Vorstellung, vor welche Aufgaben Physiotherapeuten gestellt sind.
Das Windeln wechseln bei meinen Kindern ist eine verblasste Erinnerung. Ich war einigermaßen routiniert, aber das Ganze bei einem Frühchen in einem Inkubator? Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger Steven Cyrus zeigt mir, was ich alles beachten müsste, wenn ich ein Frühgeborenes in einem Brutkasten versorge. Die Klappen leise öffnen, damit es für das Baby nicht zu laut wird, erste Berührung an den Füßen, damit es sich nicht erschrickt. Und was ich erst bei der Hygiene alles beachten muss.
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Plötzlich ist meine Zunge ganz blau - genauer gesagt: an drei Punkten. Melina Rohleder, Auszubildende zur Logopädin, hat mir mit Lebensmittelfarbe diese drei Punkte aufgemalt. Dann soll ich einmal kräftig schlucken, die Abdrücke am Gaumen offenbaren, ob ich ein Problem mit dem Schlucken habe. Habe ich nicht. Aber vielleicht Menschen, die mal künstlich beatmet wurden und nun wieder das richtige Schlucken lernen müssen.
Blut abnehmen? Kenn’ ich, bin ich ganz Routinier, einmal im Vierteljahr halte ich meinen Venen hin. Aber selbst einen Arm anzapfen? Beim Ausbildungsforum kann ich den ganzen Ablauf an einem künstlichen Unterarm üben. Handschuhe anziehen, die betreffende Stelle desinfizieren, die Nadel richtig in die Hand nehmen - und vor allem die Vene finden. Selinay-Burcu Akca, Auszubildende zur Pflegefachkraft, leistet mir Hilfestellung. Der erste Stich geht daneben, der zweite trifft, das Kunstblut läuft. Bei routinierten MTAs dürfte jede Piks ein Treffer sein.
Bleiben wir bei Blutbahnen. Ich habe noch nie etwas erkennen können auf Ultraschallbildern, aber offenbar sehe ich gerade auf dem Tabletbildschirm eine Arterie meines Unterarms. Immerhin halte ich das Schallgerät selbst auf die entsprechende Stelle. Wenig später „schalle“ ich eine Art Wackelpudding. Der hat es - genau wie der künstliche Unterarm - in sich, denn im Innern verlaufen künstliche Gefäße. So kann ich üben, mit Hilfe des Schalls und einer Nadel ein Gefäß zu punktieren.
Wie oft habe ich diese Anweisung schon in Filmen - angefangen beim legendären „Emergency Room“ - gehört? „Intubieren!“ Jetzt gilt die Anweisung mir. Vor mir liegt ein Torso, dem ich einen Schlauch zur künstlichen Beatmung einführen muss. Manuel Braun, Lehrer an der Schule für Berufe im Operationsdienst, erklärt mir die Schwierigkeit: Luftröhre und Speiseröhre liegen im Körper sehr eng beieinander - „und den Magen wollen wir nicht künstlich beatmen“ sagt er. Los geht es. Gut, dass es nur eine Puppe ist, schon dabei bin ich sehr vorsichtig, weil ich nichts verletzen will. Auf einem Bildschirm kann ich kontrollieren, ob ich in die richtige Richtung gleite. Es passt.
Von der Notaufnahme in den OP-Saal zum Entenangeln - natürlich nicht! Aber als operationstechnischer Assistent lerne ich kennen, wie man mit endoskopischen Instrumenten Fremdkörper aus einem Magen operiert. Es ist gar nicht leicht, das Endoskop mit Hilfe einer Kamera zum Ziel zu navigieren, doch am Ende habe ich zweimal Erfolg. Ich entferne operativ zwei Weingummis.
Zum Abschluss spielt wieder ein Unterarm die Hauptrolle. Wir tun mal so, als sei er gebrochen, ich lege den Gipsverband an. Lehrerin Tina Sartorius spielt Unterarm-Model, Kathrin Bernhard erklärt mir, was ich alles beachten muss, damit der Gipsverband richtig sitzt. Der Arm bekommt zunächst einen Stoffstrumpf und ein Vlies, erst dann matsche ich mit dem Gips. Der ist in Geweberollen eingearbeitet, die man wässern muss, bevor man den Arm umwickelt. Klappt offenbar ganz gut, die Expertinnen bezeichnen das Ergebnis als gelungen.