Herne. In der Blitzer-Posse offenbaren Original-Mails von 2022 wie das Chaos bei der Stadt Herne seinen Lauf nahm. Wir zeigen Auszüge aus den Mails.

Im Streit um die Blitzer-Posse an der Wiedehopfstraße in Herne scheint es zwischen den Abteilungen im Rathaus Herne hin und her gegangen zu sein. Der Redaktion liegen Auszüge aus dem E-Mail-Verkehr zwischen Stadt und Landesbetrieb Straßen.NRW vor, der offenbart, wie es zur Vermutung kam, dass Anwohner Fake-Schilder aufgestellt haben. Warum der Fall jetzt eine neue Wendung bekommt, steht hier in diesem Bericht!

+++ Hintergrund: Polizei fällt auf Fake-Schilder herein – 104 „Raser“ zahlen +++

Im Beschwerdemanagement-System der Stadt geht Anfang Juli 2022 folgende Anfrage eines Autofahrers ein:

„Hallo zusammen, seit einiger Zeit gilt auf der Wiedehopfstraße zwischen B 226 und Stadtgrenze Gelsenkirchen beidseitig die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Langsam fahren ist an sich ja erstmal eine gute Sache, allerdings entzieht sich mir in diesem Fall der Grund des langsamen Fahrens. Wer, wenn nicht die Stadt Herne selbst, könnte mir – für mein Verständnis – die Geschwindigkeitsherabsetzung plausibel erklären?! Bitte leiten Sie dieses Schreiben an die entsprechende Stelle weiter...“

Der Dorstener Jörg Hochstrat brachte den Fall ins Rollen, weil er sich gegen ein Fahrverbot wehrte.
Der Dorstener Jörg Hochstrat brachte den Fall ins Rollen, weil er sich gegen ein Fahrverbot wehrte. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

+++ Auch interessant: Stadt bietet nach Blitzer-Posse Gnadenverfahren an +++

Der Fachbereich Öffentliche Ordnung der Stadt leitet diese Mail am 7. Juli an den Landesbetrieb Straßen.NRW weiter:

„Wir haben in unserem Beschwerdemanagement-System eine Anfrage wegen einer Tempo 30 Beschilderung auf der Wiedehopfstraße und der Dorstener Straße und Stadtgrenze Herten/Recklinghausen. Ich leite Ihnen die Beschwerde einmal zuständigkeitshalber weiter, mit der Bitte Familie N. zu antworten.“

Die Abteilung Betrieb und Verkehr der Regionalniederlassung Ruhr von Straßen.NRW in Bochum schickt die Mail am 13. Juli um 15.34 Uhr weiter:

„Hallo D., anliegende Mail zur Kenntnisnahme. Bist du da vielleicht im Bilde, warum an der genannten Stelle Tempo 30 Schilder stehen?“

Der Kollege aus der Straßenmeisterei Dortmund von Straßen.NRW antwortet umgehend:

„Unsere Kollegen aus der Meisterei haben da vor kurzem auch schon drüber gesprochen und keinem von uns ist klar, weshalb genau dort die Geschwindigkeit auf 30 herabgesetzt wurde. Es wurde schon vermutet, ob es nicht irgendwelche Anwohner waren, die dort Schilder beschafft und montiert haben.“

Eine in etwa baugleiche Radarfalle ESO, mit der an der Wiedehopfstraße 104 „Raserinnen und Raser“ geblitzt wurden.
Eine in etwa baugleiche Radarfalle ESO, mit der an der Wiedehopfstraße 104 „Raserinnen und Raser“ geblitzt wurden. © WAZ FotoPool | DET KREIMEIER

Am 14. Juli um 8.34 Uhr schreibt wieder die Abteilung Betrieb und Verkehr der Regionalniederlassung Ruhr von Straßen.NRW in Bochum:

„Guten Morgen D., kann natürlich gut sein, dass die Anwohner die Schilder dort montiert haben. Ich habe mich nämlich mit der Straßenverkehrsbehörde Herne diesbezüglich noch mal in Verbindung gesetzt. Die Tempo 30 Schilder wurden durch die Straßenverkehrsbehörde Herne nicht angeordnet und seinerzeit auch abgelehnt, daher möchte ich dich bitten, die Demontierung der Schilder an der genannten Stelle in Auftrag zu geben.“

+++ Einschätzung eines Anwaltes: „Das ist rechtswidrig“ +++

Am 14. Juli um 9.43 Uhr wieder der Kollege aus der Straßenmeisterei in Dortmund:

„Hallo B. wir werden zeitnah die Demontierung durchführen :-) ich werde dann Rückmeldung geben.“

Die Stadt verschickt noch am 14. Juli (demselben Tag) Bußgeldbescheide, weil Autofahrer das Tempolimit von 30 überschritten haben sollen.