Herne. Eine Hernerin hat es geschafft, dass eine Trauerhalle auf einem Herner Friedhof unter Denkmalschutz gestellt wurde. Wie ihr das gelungen ist.

„Diese dynamischen Formen – das war damals ganz neu“, erklärt Ingeborg Müller-Schuitz und deutet auf verschiedene Elemente der architektonischen Gestaltung. „Bis auf das Gestühl ist der Innenraum noch im Originalzustand von 1958 erhalten – angefangen bei den Lichtschaltern und Steckdosen, den Vollholz-Türen, Fenstern und dem Wandbild des Künstlers Theo Schäfer bis hin zum Geländer und den Treppenstufen hin zur Orgelempore.“

Die Rede ist von der Trauer- bzw. Ehrenhalle auf dem Wanne-Eickeler Waldfriedhof, die dank des Einsatzes der Holsterhauserin seit September 2022 unter Denkmalschutz steht. Bei der Planung der Ehrenhalle, die im Übrigen überkonfessionell angelegt war, sei es dem Architekten Joachim Blome vor allem darauf angekommen, sich vom Image der alten Trauerkapellen mit dem Charakter eines „Gruselkabinetts“ zu entfernen. So plante er einen sehr hellen, fast bunten, in Pastellfarben gehaltenen Raum, der trotzdem eine Atmosphäre stiller Feierlichkeit ausstrahlt.

Ehrenhalle steht seit September 2022 unter Denkmalschutz

„Das bunte Wandbild war für die 50er schon sehr innovativ“, sagt Ingeborg Müller-Schuitz. Gleiches gelte für die Bodengestaltung: „Für den Boden wurden Bruchstücke verschiedener Gesteinsmassen, vor allem Marmor zusammengefügt“.

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Ingeborg Müller-Schuitz kennt den Waldfriedhof, der zu Herne gehört, aber knapp hinter der Grenze auf Hertener Gebiet liegt, von Kindesbeinen an. Die Ehrenhalle ist für sie ein besonderer Ort. Deshalb fragte sie 2020 bei der Stadt Herne nach, ob das Gebäude unter Schutz stehe. Als sie eine negative Antwort erhielt, stellte sie kurzerhand selber schriftlich den Antrag auf Denkmalschutz. Dieser wurde positiv beschieden, sodass die Ehrenhalle nun unter Denkmalschutz steht. Doch warum war ihr der Erhalt ein solches Anliegen? „Wir haben so wenige Stätten aus der Nachkriegszeit, die erhalten geblieben sind“, sagt die Rentnerin und betont: „Außerdem ist ein Stück Architekturgeschichte.“

Die Trauerhalle auf dem Herner Waldfriedhof steht seit 2022 unter Denkmalschutz.
Die Trauerhalle auf dem Herner Waldfriedhof steht seit 2022 unter Denkmalschutz. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Mit der sie sich bestens auskennt. Zahlreiche Zeitungsartikel zum Bau und zur Konzeption der Halle hat sie herausgesucht und aufbewahrt. Beim Gang durch die Ehrenhalle weist sie – mit strahlenden Augen – auf die zahlreichen Besonderheiten hin. Wie das große Wandbild mit dem Titel „Der Kreis schließt sich“. Es ist ebenso wie die beiden großen Seitenfenster und die sechs Fenster an der Rückwand der Halle nach den Entwürfen des Künstlers Theo Schäfer angefertigt worden. „Auf den oberen Fenstern werden Figuren angedeutet“, sagt die 74-Jährige. „Das muss man nicht interpretieren. Wie alle Formen in der Kapelle drängen sie sich nicht auf. Jeder bleibt mit seinen Gedanken da, wo er möchte – das war damals ein völlig neuer Ansatz.“

Hernerin ist froh, dass Architekturgeschichte erhalten bleibt

Besucherinnen und Besucher des Waldfriedhofs laufen über eine lange, von Rotbuchen gesäumte Allee auf das konische Gebäude – auch dies für die 50er Jahre fast revolutionär – zu und erblicken dabei unter anderem die Fenster mit den Figuren. Eine andere Besonderheit, die vielleicht nicht jedem sofort ins Auge fällt, sei der Klinker. „Die Steine wurden im Ornamentverbund verklinkert, sodass diagonale Kreuze entstehen.“ Auch hier passe das Thema des Wandbildes – „der Kreis schließt sich“, sagt Müller-Schuitz, die froh ist, dass dieses Stück Architekturgeschichte nun auch nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.

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Für sie war der Waldfriedhof immer ein Ort der Ruhe. In der Corona-Zeit wurde die Parkanlage fast schon ein Zufluchtsort, an dem sie mehr oder weniger unbeschwert die Natur genießen konnte. Auch heute noch geht Ingeborg Müller-Schuitz hier oft spazieren: „Früh morgens sind hier Rehe unterwegs, man hört die Vögel zwitschern – es ist einfach schön.“

>>>WEITERE INFO: Zehn Leichenzellen

  • Der an die Ehrenhalle anschließende fast pavillonartige Bau enthält zehn Leichenzellen.
  • Auch hier gab es eine Besonderheit, die Türen waren nicht mehr mit Nummern versehen, sondern mit Buchstaben. Außerdem ist eine Zellenwand rosé gestrichen, wodurch dem Toten die Blässe genommen wird.