Herne. Der Herner Andreas Wachtel hat den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt - als Bestatter. Warum der Schritt Chance und Wagnis zugleich ist.

„Gestorben wird immer“ lautet der Titel eines Romans von Alexandra Fröhlich, der 2016 erschienen ist. Im Mittelpunkt steht ein Steinmetz - doch der Titel lässt sich ohne Mühe auf einen Bestatter übertragen. Todesfälle sind ein stabiles Geschäft. Insofern macht es durchaus Sinn, sich in dieser Branche selbstständig zu machen, andererseits: Herne hat zahlreiche alteingesessene Bestatter. Andreas Wachtel hat den Schritt trotzdem gewagt.

Seit März bietet er an der Berliner Straße 1 in Wanne alle Dienstleistungen rund um Bestattungen an. Dazu muss man allerdings wissen, dass Wachtel keineswegs neu in der Branche ist. Im Gegenteil, er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung bei einem der Herner Bestattungsunternehmen, unter anderem war er für die Ausbildung des Nachwuchses zuständig. Im vergangenen Jahr sei aber immer mehr der Wunsch gereift, sich selbstständig zu machen.

Andreas Wachtel nahm einen Gründerzuschuss in Anspruch

Trotz der Traditions-Unternehmen in der Stadt: Wachtel ist der festen Überzeugung, dass es noch Platz für einen weiteren Bestatter gibt. Zumal er ja aus seiner Zeit als Angestellter viele zufriedene Kunden kennengelernt habe, die ihn weiterempfehlen könnten. So könne er also auf einer guten Basis aufbauen, sagt der 52-Jährige im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Dennoch sei seine Gründung ein Stück weit ein Wagnis gewesen, er habe bei Null angefangen. Allerdings: Bei der Herner Wirtschaftsförderung sei man von seinem Businessplan überzeugt gewesen, ein Gründerzuschuss, der über einen Zeitraum von sechs Monaten gezahlt worden sei, habe ebenfalls geholfen.

Die Zahl der Urnenbestattungen steigt stetig.
Die Zahl der Urnenbestattungen steigt stetig. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Bestatter als Beruf - das wirft immer die Frage auf: Warum? Schließlich hat man es mit Kunden zu tun, die um einen geliebten Menschen trauern. „Für mich ist das ein erfüllender Beruf, ich mache das unheimlich gerne“, so Wachtel. Die Kundinnen und Kunden kämen in verletzlichen Situationen, und er könne helfen und unterstützen. Die Rückmeldungen, die er erhalte, vermittelten ihm, dass er wertvolle Arbeit leiste.

Diese Arbeit habe sich im Laufe der Jahre deutlich verändert. Sargbestattungen spielten nicht mehr die dominierende Rolle, Kolumbarien gewönnen immer mehr an Bedeutung. Da spiele der nicht vorhandene Pflegeaufwand, aber auch die Kostenfrage eine Rolle. Ebenfalls sehr stark nachgefragt seien inzwischen Bestattungen in einem Friedwald - wie jener in Westerholt. Darauf sei er eingestellt, wie auf Bestattungen verschiedener Religionsrichtungen.

>>> STARTERCENTER SIEHT WENIG GRÜNDUNGSDYNAMIK

Susanne Stegemann, Leiterin des Startercenters bei der Herner Wirtschaftsförderung, sieht zurzeit eine geringe Dynamik bei Unternehmensgründungen. Der Grund: Trotz der wirtschaftlich unsicheren Zeiten sei der Arbeitsmarkt stabil. Und je entspannter der Arbeitsmarkt, desto weniger Menschen hätten eine Neigung zur Gründung. Für den erfolgreichen Weg in die Selbstständigkeit sei die richtige Qualifikation entscheidend. Wer gründen wolle, müsse sich fragen: Habe ich das gelernt? Kann ich das? Kenne ich die Branche? Und habe ich die nötigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse?