Essen/Herne/Gelsenkirchen. Zwei Männer verkaufen einem Scheinkäufer eine Autobombe mit enormer Sprengkraft. Jetzt sind sie am Essener Landgericht verurteilt worden.

Diese Fracht war brisant: Vor einem Jahr ist ein Geschäftsmann aus Waltrop mit einer Bombe quer durchs Ruhrgebiet gefahren – von Herne nach Gelsenkirchen. Dort übergab er sie einem Mann namens „Drago“. Dass „Drago“ ein Scheinkäufer der Polizei war, wusste der 46-Jährige damals noch nicht. Am Dienstag ist er verurteilt worden – gemeinsam mit einem fünf Jahre älteren Italiener aus Essen. Die Strafen: 21 und 24 Monate Haft auf Bewährung.

Gefahr nicht gekannt

Die Angeklagten sind zwar davon ausgegangen, dass die Bombe nicht einfach hochgehen würde. Ausgekannt haben sie sich aber nicht. „Keiner von ihnen konnte die Gefährlichkeit beurteilen“, so Richterin Ute Hartung bei der Urteilsbegründung der 10. Strafkammer des Essener Landgerichts.

Der Sprengsatz war im April 2022 in einer Wohnung an der Bochumer Straße in Herne abgeholt und von dort zum A2-Parkplatz „Resser Mark“ gefahren worden. Er bestand aus rund 300 Gramm TNT, ein altes Nokia-Handy fungierte als Fernzünder. Um die Bombe zur Explosion zu bringen, hätte die abgelaufene SIM-Karte getauscht, der Akku geladen und angerufen werden müssen. Geheuer war dem 46-Jährigen die Sache trotzdem nicht. „Ich war total nervös“, sagte er den Richtern. „Ich habe das Geld nicht mal nachgezählt.“ Knapp 15.000 Euro hatte „Drago“ ihm damals übergeben.

Bei einer Razzia in Herne wurden noch zwei weitere baugleiche Bomben gefunden.
Bei einer Razzia in Herne wurden noch zwei weitere baugleiche Bomben gefunden. © WAZ | Arne Poll

Mordfantasien waren schnell verflogen

Angefangen hatte alles mit einem angeblich geplanten Auftragsmord. Der angeklagte Italiener aus Essen soll erzählt haben, dass er einen Mann suche, der „Boom“ macht, um einen Bekannten aus dem Weg zu räumen. Die dafür notwendige Autobombe sei kein Problem. Sein bis dahin völlig nicht vorbestrafter Freund hatte sich daraufhin umgehört und war dabei auch an einen Informanten der Polizei geraten. Die angeblichen „Mordfantasien“ waren allerdings schnell wieder verflogen. Dass im Ruhrgebiet eine Autobombe verfügbar sei, hatte allerdings für Unruhe gesorgt. So kam „Drago“ ins Spiel.

Bombe hätte enorme Sprengkraft gehabt

Die Richter sind überzeugt, dass es den beiden Angeklagten am Ende nur noch ums Geld ging. Trotzdem sei die Tat hochgefährlich gewesen. Die Bombe hätte laut Urteil mit wenigen Handgriffen wieder funktionsfähig gemacht werden können. Bei einer Explosion hätte im Umkreis von fünf bis zehn Metern wohl niemand überlebt. Bei einer späteren Wohnungsdurchsuchung waren in Herne noch zwei weitere baugleiche Bomben gefunden worden. Der mutmaßliche Verkäufer ist allerdings abgetaucht. Mit dem Urteil blieben die Richter unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die für beide Angeklagte Gefängnisstrafen von zwei Jahren und drei Monaten beziehungsweise zwei Jahren und neun Monaten Haft gefordert hatte.