Herne/Bochum/Witten. Die Polizei erntet bei Google Kritik wie ein Urlaubshotel. Es gibt Lob, Komisches und Vernichtendes. Warum die Beamten darauf nicht reagieren.
Von null bis fünf Sterne: Auf Google erhält die heimische Polizei Bewertungen wie anderswo ein Hotel. Die Äußerungen sind oft extrem und manchmal kurios. Warum reagiert die Polizei nicht da nicht? Die Behörde sieht sich selbst im besten Fall als Beobachter. Man könne aktuell gar nicht eingreifen. Google dagegen sieht die Polizei in der Verantwortung.
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Scherze und Ernstgemeintes – Google-Bewertungen für die Polizei
„Korrekte Polizisten, machen die Handschellen nicht zu eng wie die aus Herne. Und gemütlicher Streifenwagen“, schreibt jemand zum Beispiel über die Wache in Wanne-Eickel – und meint das womöglich aus eigener Erfahrung sogar ernst. Herne dagegen erntet Kritik für enge Handschellen. „Was man dort zu sehen bekommt, sind Bewertungen für Orte, die wir selbst nicht angelegt haben“, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff von der Kreispolizeibehörde in Bochum, die für Bochum, Herne und Witten zuständig ist. „Darauf haben wir gar keinen Einfluss.“ Es sei landesweit entschieden worden, dass sich die einzelnen Polizeibehörden keine Google-Business-Konten anlegen. Nur dann könnte man wie ein Unternehmen bei Google die Beiträge auch moderieren oder darauf reagieren. Die Polizei macht das nicht.
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Und so kommt es, dass die Bochumer Polizeibehörde mit ihren einzelnen Wachen von Witten bis Wanne-Eickel zwischen 2,7 und 3,4 Sternen bei den Nutzern ergattert. Aus der Anonymität machen sich einzelne Nutzer auch ihren Spaß: „Das schlechteste Hotel der Stadt“, schreibt ein gewisser „Timo Rim“ über die Wache in Wanne-Eickel und führt mit Blick auf die Cranger Kirmes fort. „Von Anfang bis Mitte August immer total überlaufen, das Personal maximal gestresst und unfreundlich. Zudem ist das Mitbringen eigener Speisen und Getränke nicht gestattet und zum Checkin wird man entkleidet und kontrolliert, nicht mal einen Bademantel bekommt man gestellt. Die Bettbezüge sind der reinste Witz, es gibt nur eine Pferdedecke und die Toilette ist räumlich nicht vom Schlafzimmer getrennt. Team Wanne-Eickel: So nicht!“
Polizei: Zahlreiche Portale ermöglichen Bewertungen für die Polizei
„Wir werten das nicht aus“, sagt Marco Bischoff. Es gebe neben Google zahlreiche andere Portale, die aus Adresslisten und mehr Bewertungsoptionen für die Polizei ermöglichen. „Das würde zu viel werden.“ Zusätzlich zu den Textbewertungen kommen auch Bilder, die Bewertungen untermauern sollen. Das Material stammt ausdrücklich nicht von der Polizei selbst. „Für uns ist das kein Kanal, den wir aktiv bespielen.“
So bleibt auch scharfe Kritik an der Polizei stehen: „Ich habe den Eindruck, dass die Polizisten keine Ausländer mögen und der ein oder andere Quotenausländer-Polizist nichts zu melden hat“, schreibt jemand. Ein anderer unterstellt: „Die Beamten nutzen ihre Machtposition, um gewalttätig und provokant mit den Leuten umzugehen.“ Aber es gibt auch Lob: Jemand bedankt sich, dass ihm so gut geholfen wurde. Ein anderer lobt namentlich Polizisten. Ein Mann wünscht sich die Telefonnummer einer blonden Beamtin.
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Risiko aus Sicht der Polizei: Jeder kann sich als Polizei ausgeben
Auch wenn es naheliegend sei, zumindest mitzukommentieren, nehme man vor dem Hintergrund der aktuellen Regelung davon Abstand, erklärt Marco Bischoff. Das System berge nämlich ein weitere Falle: „Es kann sich dort jeder als Polizei ausgeben.“ Es ergebe dann nur Sinn, dort Kommentare zu hinterlassen, wenn sich die Polizei auch eindeutig als Polizei ausweisen könne und wolle.
Warum lässt Google solche Bewertungen überhaupt zu? Die Polizei kann man ja schließlich nicht mit gleichen Maßstäben messen wie eine Firma, oder? „Community-Beiträge in Google Maps helfen Menschen, in einer sich ständig verändernden Welt selbstbewusster zu entscheiden, wohin sie gehen und was sie tun sollen“, sagt ein Google-Sprecher aus den USA auf WAZ-Nachfrage. Der Milliarden-Konzern verweist auf die Verantwortung der Behörden selbst: „Regierungsbehörden können die Profile für bestimmte Arten von Orten wie Bibliotheken und Zulassungsstellen beanspruchen, damit sie Details wie Adresse, Öffnungszeiten, Kontaktinformationen und Fotos aktualisieren und auf Bewertungen antworten können.“
Der Konzern erklärt, dass Google fortwährend in moderne Technologien investiere, um missbräuchliche Kommentare zu verhindern. Man könne „benutzergenerierte Inhalte“ für Orte einschränken, wenn diese durchweg nicht hilfreich, schädlich oder themenfremd seien. Das könnten zum Beispiel Polizeistationen und Gefängnisse sein. Man bewerte das ständig neu.
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Polizei aktuell auf Facebook und Twitter aktiv
Die Bochumer Polizei ist selbst nur auf Facebook und Twitter aktiv. Dort werde über eine strenge Netiquette alles kontrolliert, was dort von Nutzern geschrieben wird. „Wir dulden bestimmte Dinge nicht, auch keine Schimpfworte, Volksverhetzendes“, erklärt Marco Bischoff. Er weist noch einmal dringend darauf hin, dass für Notrufe weiter nur die Telefonnummer 110 der richtige Weg ist. Auch Straftaten können nicht öffentlich über Facebook und Twitter angezeigt werden.
Das Innenministerium hat bislang auf eine Anfrage der Redaktion zur Nutzung von Google-Orten nicht geantwortet.