Herne. Hernes CDU-Fraktionschef Timon Radicke hat seinen Rücktritt erklärt. Warum das nur konsequent ist – ein Kommentar von Michael Muscheid.
Sechs Jahre lang war Timon Radicke das Gesicht der CDU in Herne, mal als Partei-, mal als Fraktionschef, zwischenzeitlich in Doppelfunktion. Nun ist Schluss, jetzt gibt er auch sein letztes Amt ab. Unterm Strich hat der 37-Jährige zwar viel erreicht – aber auch viele, zu viele Niederlagen einstecken müssen.
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Nach seiner ersten Wahl, 2017 an die Parteispitze, brachte Timon Radicke frischen Wind und setzte neue Akzente. Das tat der Union, die nicht nur überaltert, sondern in Teilen auch verkrustet und nach manchen Grabenkämpfen der Vergangenheit zermürbt war, gut. Auch im Rat sorgte der 37-Jährige als Fraktionschef für Schwung. In der Koalition mit der SPD setzte die CDU unter seiner Führung manche Ausrufezeichen. Die Stärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes etwa ist gerade auch das Verdienst der Union.
Zur Bilanz gehören aber auch die Minuspunkte. Gemeint sind nicht allein die miesen Ergebnisse der CDU bei der Kommunal- und der OB-Wahl 2020, sondern die unverständlichen Fehler, die ihm unterliefen. Erinnert sei an die Demontage der früheren Fraktionsvorsitzenden Bettina Szelag 2020 oder den „doppelten Rückwärtssalto“ 2021, als er erst seinen Rückzug vom Amt des Parteichefs ankündigte und diesen später zurücknahm. Auch seinen zwischenzeitlichen Job bei der CDU in Berlin, ja seine Nähe zu NRW-CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nahmen ihm Teile der Kreispartei krumm. Nach dem Motto: Seine Karriere ist ihm wichtiger als die CDU vor Ort. Diesen Vorwurf wurde er nicht wieder los.
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Nun also der Rücktritt. Der ist konsequent. So wichtig und richtig eine berufliche Veränderung auch sein mag: Nach den Ereignissen der Vergangenheit kann Radicke nicht gleichzeitig weiter an der Fraktionsspitze bleiben. Das hat er richtig erkannt, und folgerichtig macht er den Weg frei. Angesichts des internen Gegenwinds und auch der schlechten Wahlergebnisse, die Radicke zuletzt hinnehmen musste, ist ein Neuanfang an der Fraktionsspitze aber auch keine Katastrophe für die Union. Im Gegenteil: Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin kann nun zur Mitte der Legislaturperiode unbelastet einsteigen, sich bis zu den Kommunalwahlen einarbeiten und an Profil gewinnen. Fakt ist aber auch: Radicke, stets engagiert, ist eloquent, spricht Klartext, hängte sich voll rein und stieß viele Themen an. Auch das muss der Neue oder die Neue erst mal schaffen.