Bochum/Herne. Ein 15-jähriger Herner gibt zu, dass er seinen Vater von einer Mitschülerin töten lassen wollte. Die 14-Jährige habe den Plan „geil“ gefunden.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Im Prozess um einen mutmaßlichen Mordanschlag auf einen Familienvater (55) an der Poststraße in Herne-Mitte haben nun auch dessen jüngerer Sohn (15) und Frau (44) ihr Schweigen gebrochen. Zuletzt hatte das bereits der 16-jährige Sohn getan. Die Erklärungen von Mutter und Sohn skizzieren erschütternde Zustände – es geht um innerfamiliäre Gewalt, Alkoholexzesse und Todesangst.
Sohn: Vater wurde immer gewalttätiger und unberechenbarer
„Ich räume ein, dass ich gemeinsam mit meinem Bruder meinen Vater umbringen wollte. Wir wussten uns nicht anders zu helfen.“ Mit diesen zwei Sätzen begann das von Verteidiger Martin Gentz im Namen des 15-jährigen Schülers verlesene Geständnis. Sein ständig Alkohol („Bier, Raki und so“) trinkender, immer gewalttätiger und unberechenbarer gewordener Vater habe in der Familie mit der Zeit ein Klima der Angst erzeugt. Die Mutter sei zeitweise ins Frauenhaus geflüchtet. Der Vater sei fast jeden Abend volltrunken von seinem Kiosk heimgekehrt, habe ihn und seinen Bruder häufig verprügelt, so der 15-Jährige.
Nach seinem Umzug nach Berlin habe er sich dort mit einer Mitschülerin angefreundet und ihr von seinen Problemen mit dem tyrannischen Vater berichtet. „Sie hat damit angegeben, dass sie einen Freund hat, der schon Menschen umgebracht hat und dass sie das auch mal machen will“, hieß es. Und weiter: „Sie fand den Gedanken ‚geil‘, sie war Feuer und Flamme, bot sich an, das für uns zu erledigen und den Vater umzubringen.“
Kurz vor dem 24. Oktober 2022 sei er deshalb gemeinsam mit der 14-Jährigen aus Berlin nach Herne angereist. An den Tatabend erinnert sich der 15-Jährige so: „Wir sind in die Wohnung rein, sie mit der Machete, ich dahinter.“ Im Dunkeln habe das Mädchen dann auf den schlafenden Vater eingeschlagen. „Ich habe alles gehört. Das war furchtbar. Es waren dumpfe Schläge“, so der 15-Jährige. Als er seinen Vater schreien gehört habe, sei er aus der Wohnung geflüchtet, das Mädchen hinterher. Zum Schluss des Geständnisses hieß es: „Es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Mein Bruder und ich sitzen jetzt hier, eigentlich hat aber mein Vater unsere Familie auf dem Gewissen. Vor ihm habe ich immer noch Angst.“
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Auch die mitangeklagte Mutter machte dem Vater am Freitag, 2. Juni, schwere Vorwürfe. Der 55-Jährige habe sich „nahezu täglich“ betrunken, sie und ihre Söhne bei Wutanfällen häufig geschlagen. Ihre Scheidungsentscheidung habe er nicht akzeptiert, sie in Extremsituationen weiter mit dem Tod bedroht. Mit Blick auf die dramatische Entwicklung ihrer Kinder räumte die Mutter eigenes Versagen ein: „Ich stelle mich meiner Verantwortung.“ Die ausgetauschten Chat-Nachrichten ihrer Söhne nannte sie rückblickend „entsetzlich“. Mit Blick auf deren Mordpläne will sie aber „keine Kenntnis“ gehabt haben, auch miteinbezogen worden sei sie nicht im Entferntesten, hieß es.
Abgehackter Finger konnte replantiert werden
Bei dem Machetenangriff war dem Kiosk-Inhaber ein Finger abgehackt worden, der später erfolgreich replantiert werden konnte. Außerdem hatte der 55-Jährige multiple Schnittverletzungen im Gesicht. Zuletzt hatte bereits der 16-jährige Sohn über seine Verteidigerin Victoria Grenz seine Beteiligung an dem Machetenangriff eingeräumt. Der inzwischen 15 Jahre alten Schülerin aus Berlin wird separat der Prozess gemacht.
In Bochum wegen Beihilfe mitangeklagt ist noch ein 22-jähriger Herner, der den Brüdern im September 2022 angeboten haben soll, ihren Vater für 4000 Euro zu erstechen. Der Prozess wird fortgesetzt.