Herne. Zum dritten Mal ist in Herne über Nacht an einem Friedhof eine private Sitzbank gestohlen worden. Warum die Täter diesmal noch dreister waren.
Juni 2015, Juni 2018, Mai 2023. Zum dritten Mal in acht Jahren hat sich Adolf Gorenc aus Herne-Holthausen bei der WAZ mit der immergleichen Nachricht gemeldet: Vor seiner Haustür habe ein Bankraub stattgefunden. Diesmal gingen unbekannte Täter sogar noch dreister vor als bei den ersten beiden Beutezügen.
In der Nacht auf Mittwoch durchtrennten sie offenbar mit einem Bolzenschneider die Eisenkette, mit der der 73-Jährige die nahe seines Hauses auf der Friedhofstraße von ihm aufgestellte Sitzbank an einer Birke befestigt hatte. „Das ist unglaublich. Das hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagt der pensionierte Lehrer nach dem nunmehr dritten Bankraub.
Der Verlust trifft vor allem Besucherinnen und Besucher des angrenzenden Friedhofs hart, denn für sie hatte Adolf Gorenc die Sitzmöglichkeit 2015 aufgestellt. Aus gutem Grund, denn: Kaum eine Straße in Herne hat eine stärkere Steigung als die Friedhofstraße mit ihren acht Prozent. Vor allem für ältere Menschen sei der an seinem Haus vorbeiführende steile Weg zur Holthauser Begräbnisstätte sehr beschwerlich, sagt der frühere Lehrer des Emschertal-Berufskollegs. Das gelte erst recht, wenn sie einen Rollator hätten oder Blumen und andere Sachen mit zum Friedhof nähmen. Auf der Bank könnten sie kurz innehalten und sich ausruhen.
Weil sich ja niemand vorstellen kann, dass Menschen kriminelle Energie entwickeln, um eine schnöde Sitzgelegenheit zu stehlen, blieb die erste Holzbank – ein Geschenk aus der Familie – vor acht Jahren unbefestigt. Aus Schaden wird man klug: Die zweite Bank – ein günstig in Ostfriesland erworbenes Modell – versah Gorenc nicht nur mit einem hellgrauen Farbanstrich, sondern auch mit einer im Boden verankerten Kette.
Für die dritte Bank zimmerte der Herner die Bretter selbst
Doch auch das konnte den zweiten nächtlichen Bankraub 2018 nicht verhindern. Um zum Ziel zu kommen, holten sich die Täter damals von einem rund 150 Meter entfernten Grundstück zunächst ein Teil eines mobilen Metallzauns, mit der sie dann die Bank aushebelten. Dieses Mal zeigte Gorenc den dreisten Diebstahl bei der Polizei an und setzte eine Belohnung von 100 Euro aus. Ohne Erfolg.
Der Holthauser ließ sich aber nicht beirren und stellte am Rande der Straße die nunmehr dritte Sitzbank auf, für die er sogar die Bretter selbst gezimmert hatte. Doch auch die noch einmal verstärkten Sicherungsmaßnahmen mit dem Festketten am Baum konnten nicht verhindern, dass nun auch die dritte Bank über Nacht verschwand. Neben dem Tatort fand Adolf Gorenc das von den Tätern durchtrennte Kettenglied.
Seine Ehefrau Beate Gorenc hält den neuerlichen Diebstahl auch moralisch für verwerflich. „Für mich ist das so, als wenn man den Opferstock einer Kirche stiehlt“, sagt sie. Die Bank erfülle auch eine soziale Funktion. Sie habe sich schon zu Menschen gesetzt, die vom Friedhof gekommen und traurig gewesen seien. Und auch Jugendliche nutzten die Bank von Familie Gorenc hin und wieder als Treffpunkt: „Probleme gab es mit ihnen noch nie.“
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War’s das nun? Nein! „Ich werde erneut eine Sitzbank aufstellen“, kündigt der 73-Jährige an. Wer eine Bank entbehren könne, dürfe sich gerne bei ihm melden. Fürs Erste werde er sich mit einer Bank behelfen, die er eigentlich der katholischen Gemeinde für den Platz vor der Kirche St. Dreifaltigkeit zur Verfügung gestellt habe.
Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, setzt Adolf Gorenc erneut eine Belohnung aus: 200 statt 100 Euro winken diesmal. Die zuletzt gestohlene Bank hat sogar ein besonderes Kennzeichen: Das Eisengestänge ragt wenige Zentimeter über das oberste Brett hinaus. Der Holthauser denkt außerdem darüber nach, an den Baum neben der Sitzgelegenheit die bisherigen WAZ-Berichte über die Diebstähle zu hängen, um den Tätern vor Augen zu führen, dass es an der Friedhofstraße um mehr als „nur“ eine Bank geht.
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