Herne. Erst die Reichsstraße, nun der Zechenweg: Die Stadt Herne mutet Bürgerinnen und Bürgern bei der Umsetzung von Wohnbauplänen viel zu. Zu viel.

Geschichte wiederholt sich. Wie zuletzt an der Reichsstraße in Herne formiert sich nun auch an der Gelsenkircher Straße in eine Bürgerinitiative gegen die Pläne für eine Wohnbebauung. Die Flächen sind nicht vergleichbar, die Vorgänge schon.

Auch interessant

Unbestritten ist: Die Schaffung neuen Wohnraums hat in der Herner Verwaltung Priorität. Dass es im Angebot Defizite gibt, ist grundsätzlich unumstritten. Und dass es auch mal zu Kompromissen kommen muss, um in einer dicht besiedelten Stadt wie Herne überhaupt neue Flächen ausweisen zu können, ist ebenso klar. Einigen Faktoren schenkt die Verwaltung allerdings viel zu wenig Beachtung.

+++ Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch: +++

Die Notwendigkeit, neuen Wohnraum ausweisen zu müssen, kann nicht das Maß aller Dinge sein. Grenzen der Zumutbarkeit dürfen für Anwohnerinnen und Anwohner nicht überschritten werden. An der Vödestraße in Herne-Süd war dies nach Ansicht der Politik der Fall, weshalb die Stadt ihre Pläne überarbeiten musste. Für die Reichsstraße und auch für die Nachverdichtung an der Gelsenkircher Straße wäre eine Neubewertung, sprich: ein Abspecken der Pläne ebenfalls zu wünschen. Und zum zweiten: Herne hat zwar den Klimanotstand ausgerufen und lokale Klimaprogramme verabschiedet, vermittelt aber nicht den Eindruck, diesem Vorgaben auf allen Ebenen gerecht zu werden.

Eine weitere Parallele zwischen Reichsstraße und Zechenweg: In beiden Fällen wird beklagt, dass die Stadt nicht angemessen informiert habe. Rein formal ist der Verwaltung nichts vorzuwerfen, weil sie gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsschritte eingehalten hat. Doch die Vorstellung, dass Bürgerinnen und Bürger im Internet proaktiv alle offiziellen Kanäle scannen und sich stets über Tagesordnungen politischer Gremien informieren, ist von gestern und hat mit Bürgernähe nicht viel zu tun.

Es wäre deshalb an der Zeit für neue Informations- und Beteiligungsformen. Das gilt insbesondere bei Bauvorhaben, die weitreichende Folgen fürs direkte Umfeld haben könnten.