Herne. Kitas sind bei Eltern beliebt. Doch es gibt auch die Kindertagespflege. Was kann sie? Und womit punktet sie? Was Betreuerinnen aus Herne sagen.

Kitas kennt jeder – doch die Kindertagespflege ist vielen Eltern noch nicht so geläufig. „Gerade für die Kleinsten ist die Kindertagespflege ideal“, wirbt Jesica Scheffler, die seit August 2021 mit Katharina Wahler die Großtagespflege „Farbenreich“ an der Vinckestraße in Herne-Mitte leitet. Im Gegensatz zur Betreuung in der Kita ist die Zahl der betreuten Kinder im Farbenreich auf neun begrenzt. Und noch etwas ist anders: „Jedes Kind hat eine feste Bezugsperson.“ In der kleinen Gruppe sei viel Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse der Jungen und Mädchen einzugehen. Auch die Eltern wüssten das Konzept zu schätzen.

Eltern, die das Konzept der Tagespflege vorher nicht kannten, seien durchweg begeistert. „Wir arbeiten sehr familiennah und binden die Eltern stark mit ein.“ Eltern sei häufig nicht bewusst, dass die Kindertagespflege keine private Betreuung ist, sondern ein ebenso öffentliches Angebot wie eine Kindertagesstätte. Der Schwerpunkt liege in der Betreuung von Kindern unter drei Jahren.

Auch interessant

„Wir vermitteln die Eltern ganz nach ihren Bedarfen“, erklärt Britta Möller, Fachberatung für Kindertagespflege beim Verein Herner Tageseltern. Die Eltern wählten die Bezugsperson für ihr Kind und wüssten somit genau: Wer bringt mein Kind ins Bett, wer spielt mit ihm. „Kinder brauchen Bindung für die Entwicklung, und diese Beziehung bauen die Pädagoginnen in der Eingewöhnung ganz in Ruhe mit den Kleinen auf.“

Weiterer Pluspunkt der Kindertagespflege seien individuelle Projekte

Sie werben für die Kindertagespflege: von links Katharina Wahler, Ursula Hemmerich, Annegret Muchalla, Monika Breuer und Jessica Scheffler, allesamt tätig in der Tagespflege.
Sie werben für die Kindertagespflege: von links Katharina Wahler, Ursula Hemmerich, Annegret Muchalla, Monika Breuer und Jessica Scheffler, allesamt tätig in der Tagespflege. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Dies könne in dieser Form aufgrund der Rahmenbedingungen in einer Kita nicht geleistet werden. Ein weiterer Pluspunkt der Kindertagespflege seien individuelle Projekte. „Wir koordinieren den Tagesablauf selbst und haben Garten- oder Schmetterlingsprojekte“, sagt Jesica Scheffler. Der Schwerpunkt in der Großtagespflege „Waldwichtel“ in Constantin liege auf Bewegung, draußen & Natur. „Wir haben eine Kooperation mit dem Baukauer Turnverein“, erklärt Ursula Hemmrich, die die Großtagespflege an der Pieperstraße seit 14 Jahren mit Monika Breuer leitet. „Die Kinder erleben bei uns einen geschützten Raum, in dem sie sich ausprobieren können und das stärkt sie.“ So lernten sie, damit umzugehen, wenn ihnen ein anderes Kind ein Spielzeug wegnimmt oder wie sie konfliktfrei miteinander spielen können.

„Jedes Kind hat seine ganz eigenen Bedürfnisse“, erläutert Monika Breuer. „Manche brauchen viel Nähe, andere haben besondere Schlafrituale. Durch unsere enge Bindung können wir auf all das eingehen.“ So gestalte sich in der Regel auch der Übergang zur Kita einfacher. „Obwohl es schön wäre, wenn hier mehr draufgeschaut wird, wie weit das Kind ist“, sind sich die Pädagoginnen einig. Denn häufig werde Eltern – sobald ihr Kind drei wird – ein Kita-Platz angeboten, den sie aus Sorge, sonst keinen zu erhalten, direkt annähmen. Für manche Kinder sei es aber besser, noch etwas länger im geschützten Raum der Tagespflege zu bleiben. „Deshalb entscheiden viele Eltern bewusst, ihre Kinder etwas länger bei uns zu lassen“, sagt Hemmrich.

+++ Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch: +++

Dies sei auch kein Problem, denn dass ein Kind im Anschluss keinen Kita-Platz erhalte, hätten die Pädagoginnen noch nicht erlebt. „Eltern schätzen unser Gesamtpaket – auch dass wir selber täglich kochen, kommt gut an.“

Die Pädagoginnen bildeten sich stetig weiter, verfügten zum Teil über die Zusatzqualifikation für Inklusion. Annegret Muchalla ist studierte Heilpädagogin und deckt somit zahlreiche Qualifikationen ab. Sie betreut seit 2008 je drei Kinder im häuslichen Umfeld. Aktuell ist darunter ein Junge mit Down-Syndrom. „Bei Kindern mit einer Behinderung braucht es noch mehr gegenseitiges Vertrauen, da viel mehr Absprachen nötig sind“, erklärt Muchalla. Hier erhielten auch vertraute Räume und Spielsachen eine noch höhere Bedeutung. Die Eltern der anderen Kinder schätzten den inklusiven Aspekt. „Die Kinder nehmen sich, wie sie sind. Sie beobachten sich gegenseitig und bekommen ein Verständnis dafür, dass sie vielleicht etwas können, was ein anderes Kind noch nicht kann.“ Der Junge sei eine Bereicherung für die Gruppe.

Auch interessant

>>> WEITERE INFORMATIONEN: 80 Betreuerinnen und Betreuer

Rund 80 Tagespflegepersonen versorgen in Herne zurzeit rund 300 Unter-Drei-Jährige. Eltern, die für ihre Kinder einen Platz in der Kindertagespflege suchen, wenden sich an die Herner Tageseltern unter 02323 3986054.

Wer sich für die Betreuung von Kleinstkindern interessiert, kann sich bei den Herner Tageseltern qualifizieren. Noch gibt es einige freie Plätze. Infos: www.herner-tageseltern.de

Die Aktionswoche „Gut betreut in Kindertagespflege“ sollte bundesweit und so auch in Herne auf das bei vielen noch unbekannte Betreuungsangebot mit den Tagesmüttern (und manchmal auch -vätern) aufmerksam machen.