Herne. Kann man mit Abwasser aus dem Kanalnetz klimafreundlich heizen und kühlen? Diese Idee hat die Herner FDP. Für wen sich das laut Stadt lohnt.

Der Mix aus Fäkalien, Urin und Duschwasser hat erhebliches Potenzial für die Energiegewinnung, meint die FDP in Herne. „Unter den Straßen von Herne liegen etwa 400 Kilometer öffentliches Kanalnetz“, meinte zuletzt FDP-Chef Thomas Bloch in einer Anfrage an die Stadt. Die Abwassertemperatur liege dort zwischen 10 und 20 Grad. „Somit ist es eine regenerative Energiequelle, die ganzjährig zur Verfügung steht. Diese Energie kann zum klimafreundlichen Heizen und Kühlen größerer Gebäude genutzt werden“, so der Ratsherr. Er verwies auf die Berliner Wasserbetriebe, die den Wärmeaustausch im industriellen Stil einsetze. Ob das auch in Herne möglich sei, wollte er von der Verwaltung wissen.

Die Stadt reagiert eher zurückhaltend. Bereits 2017 seien entsprechende Untersuchungen angestellt worden, sagte Thorsten Rupp, Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau und Verkehr, im Ausschuss für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität. Ergebnis: Um das Wärmepotenzial des Abwassers zu nutzen, sei „ein gewisser Abwasser-Grundstrom“ notwendig. Dieser Wasserstrom werde meist erst in den größeren Sammelleitungen erreicht, und er müsse kontinuierlich anfallen.

Das Herner Kanalnetz bietet keine guten Voraussetzungen für diese Art von Energiegewinnung: Thorsten Rupp, Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau und Verkehr in Herne.
Das Herner Kanalnetz bietet keine guten Voraussetzungen für diese Art von Energiegewinnung: Thorsten Rupp, Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau und Verkehr in Herne. © Stadt Herne

Vor allem Letzteres sei ein Problem: „Der typische Anfall vom Abwasser in Wohnhäusern fällt jedoch kurzfristig zu den Stoßzeiten an“, berichtete er der Politik. Nicht zuletzt biete das Herner Kanalnetz keine guten Voraussetzungen für diese Art von Energie, weil es viele Knotenpunkte habe, an denen etwa Abwässer an Pumpwerke oder Hauptsammler der Emschergenossenschaft übergeben werden. Großkanäle wie in dem von den Liberalen genannten Berliner Projekt, wo ein 200 Meter langer Wärmetauscher in einen Kanal eingebaut werden konnte, stünden in Herne kaum zur Verfügung.

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Dennoch, so Rupp, werde diese Energiequelle bei größeren Neubauprojekten – zum Beispiel am Quartier Kaiserstraße – dem Investor nähergebracht. Grundsätzlich sei die Nutzung der Abwasserenergie in Herne nicht für einzelne Einfamilienhäuser, sondern nur für Großabnehmer wie Schwimmbäder oder Einrichtungshäuser wirtschaftlich, da die Investitionskosten im Vergleich zur Nutzung von fossilen Brennstoffen sehr hoch seien.