Herne. Schimmel, Feuchtigkeit, keine Heizung - die Zustände für Herner Mieter an der Emscherstraße sind katastrophal. Das ist die aktuelle Situation.

„Menschenverachtend“ - mit diesem Wort hat Hernes Sozialdezernent Johannes Chudziak am Mittwoch das Verhalten des Vermieters Altro Mondo in der Hochhaussiedlung Emscherstraße beschrieben. Warum der Dezernent diesen Begriff gewählt hat, wird bei einem Besuch der WAZ in dem Wanner Wohnblock deutlich.

Durch einen Rohrbruch in der Heizungsanlage im Oktober drang Wasser in die Wohnungen.
Durch einen Rohrbruch in der Heizungsanlage im Oktober drang Wasser in die Wohnungen. © loc

Bei einer Begehung hatte die Stadt im Haus Nummer 80 einen Rohrbruch in der Heizungsanlage festgestellt. Die Folge: Feuchtigkeit und Schimmelbefall in mehreren Wohnungen. Und: Keine der insgesamt zwölf Wohnungen kann derzeit geheizt werden. Betroffen sind 35 Menschen - „ein untragbarer Zustand“, findet nicht nur die Stadt.

Mieter fährt nach Hannover

Bereits am 11. Oktober sei es zu dem Rohrbruch in der Heizungsanlage gekommen, erzählt eine Mieterin der WAZ. Zunächst sei erstmal gar nichts passiert. „Altro Mondo war telefonisch nicht erreichbar“, sagt die Frau, die mit ihrer Familie seit vielen Jahren in der Siedlung lebt. Das sei allerdings der Normalfall. Sie hätten auch Fotos und Videos an den Vermieter geschickt. Erst nach mehr als zwei Wochen habe sich jemand vor Ort sehen lassen. Ein anderer Mieter berichtet, dass er wegen der Unerreichbarkeit des Vermieters sogar zur Altro Mondo-Filiale nach Hannover gefahren sei, um auf die Probleme hinzuweisen.

Die Tapete ist in dieser Wohnung wegen der Feuchtigkeit bereits abgerissen worden.
Die Tapete ist in dieser Wohnung wegen der Feuchtigkeit bereits abgerissen worden. © loc

Und diese Probleme sind immens: In die Wände von vier Wohnungen ist die Feuchtigkeit unmittelbar eingezogen. Der typische feucht-schimmelige Geruch ist schon an den Haustüren zu riechen. Von den besonders feuchten Wänden sind die Tapeten inzwischen entfernt worden, viele Ecken sind von Schimmel befallen.

Stadt Herne stellt ein Ultimatum

Die Stadt hatte in dieser Woche die Faxen dicke und Altro Mondo ein Ultimatum gestellt: Wenn das Unternehmen den betroffenen Mietparteien nicht bis zum 9. Dezember alternativen Wohnraum beschafft, werde die Stadt den Menschen leerstehende und nutzbare Wohnungen in dem Komplex an der Emscherstraße zuweisen, so die Drohung.

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Immerhin: Altro Mondo ist bereits kurz zuvor aktiv geworden. Die ersten Familien beziehen gerade Ersatzwohnungen im Block, damit die Wohnungen entfeuchtet werden können. Ob dies zeitnah und rasch geschen wird, daran zweifeln alle. Und: Nicht jeder ist flexibel. „Ich kann nicht mal eben so umziehen. Ich habe keine Zeit“, sagt ein Paketfahrer, dessen Wohnung ebenfalls von Schimmel befallen ist. Sein Unternehmen habe für die Vorweihnachtszeit einen Urlaubsstopp verhängt.

Familie sucht neue Wohnung

Seit mehr als 15 Jahren wohnen einige der betroffenen Familien an der Emscherstraße. Sie hätten früher gerne hier gelebt, sagt eine Mieterin. Aber nun sei das Maß voll und sie suchten sich eine neue Wohnung: „Das ist aber für eine fünfköpfige Familie nicht so einfach“, sagt ihr Sohn.

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In den Negativ-Schlagzeilen steht Altro Mondo schon seit vielen Jahren - auch, aber nicht nur in Wanne. So hatten im September zehn Städte auf Initiative des NRW-Bauministeriums zeitgleich Kontrollen in Immobilien des Unternehmens durchgeführt. Zuletzt hatte sich die Lage an der Emscherstraße anscheinend ein wenig verbessert - wohl auch deshalb, weil nach längerer Pause wieder ein Hausmeister als fester Ansprechpartner für die rund 800 Bewohner vor Ort war. Doch auch das ist offenbar schon wieder Geschichte. Seit rund drei Wochen sei dieser nicht mehr gesehen worden, berichten Mieter. Und als sie ihn angerufen habe, habe er gesagt „ich bin im Streik“ und aufgelegt.

Der Grünen-Bezirksverordnete Wilfried Kohs (re.) schaute sich die Situation vor Ort mit Alfred Gläsker von der städtischen Wohnungsaufsicht an.
Der Grünen-Bezirksverordnete Wilfried Kohs (re.) schaute sich die Situation vor Ort mit Alfred Gläsker von der städtischen Wohnungsaufsicht an. © loc

Für Wilfried Kohs stellt die aktuelle Episode an der Emscherstraße einen neuen negativen Höhepunkt dar. „Ich bin seit Jahren in der Siedlung aktiv, aber so eine Situation habe ich noch nie erlebt. Ich bin entsetzt“, sagt der Wanner Grünen-Bezirksverordneten nach einer Besichtigung mit Stadtmitarbeitern.