Herne/Witten. In einem Herner Krankenhaus kommt es bei der Geburt eines Kindes zu Komplikationen – das Baby stirbt. Nun stehen Ärztin und Hebamme vor Gericht.

  • Bei einer Geburt im Herner Marien Hospital kommt es vor rund vier Jahren zu Komplikationen.
  • Anderthalb Tage später ist das Baby tot.
  • Vor Gericht weint die Ärztin.

Es müssen dramatische Szenen gewesen sein, die sich vor rund vier Jahren im Marien Hospital Herne abgespielt haben. Bei der Geburt eines Kindes kommt es zu Komplikationen. Anderthalb Tage später ist das Baby tot. Seit Freitag beschäftigt der Fall das Bochumer Landgericht. Angeklagt sind die damals diensthabende Ärztin und eine Hebamme. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Der Prozess hatte kaum begonnen, da liefen der Ärztin auch schon die Tränen übers Gesicht. „Was passiert ist, belastet mich sehr“, sagte die 34-Jährige den Richtern.

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Dabei hatte alles routinemäßig begonnen. Die Mutter hatte sich einige Wochen vor der Geburt in der Klinik vorgestellt, war nach dem errechneten Termin regelmäßig erschienen. Am 2. August 2018 war es schließlich so weit: Die Wehen hatten eingesetzt, kamen alle zehn Minuten. Am selben Abend gab es erste Auffälligkeiten. Laut Anklage sank die Herzfrequenz des Ungeborenen immer wieder ab. Ein Hinweis auf Sauerstoffmangel sei klar erkennbar gewesen, so die Staatsanwaltschaft. „Ich habe der Patientin erklärt, dass es besser ist, einen Kaiserschnitt zu machen“, so die Ärztin im Prozess. Das habe die Mutter jedoch kategorisch abgelehnt. „Keinen Kaiserschnitt“, soll die Antwort gelautet haben.

Marien Hospital Herne: Im Kreißsaal herrschte höchste Alarmbereitschaft

Am Ende wurde das Baby mit einer Saugglocke geholt. Da herrschte im Kreißsaal allerdings schon höchste Alarmbereitschaft. Das neugeborene Mädchen musste sofort reanimiert werden, wurde umgehend in die Klinik nach Witten verlegt. Doch dort konnten die Ärzte nichts mehr machen. Am Morgen des 4. August 2018 hörte das kleine Herz auf zu schlagen.

„Ich habe mich von der Patientin beeinflussen lassen, obwohl ich nach bestem Wissen und Gewissen einen Kaiserschnitt machen wollte“, sagte die Ärztin den Richtern und weinte. „Ich bin auch nur ein Mensch.“ Die möglicherweise drastischen Folgen für das Kind hat sie der Mutter nach eigenen Angaben allerdings nicht vor Augen geführt. „Mit dem Tod des Kindes habe ich nicht gerechnet.“

Die Ärztin hatte bis zu dem tödlichen Vorfall eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Ihr Traum war eine internationale Karriere – oder ein Job im Gesundheitsministerium. Heute arbeitet sie auf 65 Prozent. Die mitangeklagte Hebamme hat sich zum Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen geäußert. Ihr wird vorgeworfen, nach den ersten Anzeichen einer Sauerstoffunterversorgung zu spät die Ärztin alarmiert zu haben. Die hätte dann sofort einen Not-Kaiserschnitt machen müssen.