Herne. Deutschland soll klimaneutral werden. Dazu müssen auch in Herne die städtischen Gebäude saniert werden. Der Aufwand wäre riesig – und teuer.

Die Stadt Herne steht vor einer Mammutaufgabe: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden, auch die städtischen Gebäude in Herne müssen deshalb energetisch saniert werden. Stadtdirektor Hans Werner Klee beziffert die Kosten für den Umbau nach einer ersten, vorsichtigen Schätzung auf insgesamt 350 bis 500 Millionen Euro. Wie das hoch verschuldete Herne das bezahlen soll, weiß er (noch) nicht. „Ohne Förderung ist das für uns nicht stemmbar“, stellte er aber schon mal klar.

Wie können die städtischen Gebäude, darunter auch Schulen, Kitas und Turnhallen, treibhausneutral werden? Das will die Stadt nun Stück für Stück ermitteln, sagte Stadtdirektor Hans Werner Klee im Finanzausschuss. Am Beispiel eines einzelnen Gebäudes, der Realschule Sodingen, wird bereits klar: Das ist kein einfacher und vor allem kein preiswerter Weg. Matthias Schnier, Manager Quartiersentwicklung bei Innovation City Management (Oberhausen), hat für die Politik aufgelistet, was für eine energetische Sanierung allein für dieses eine Gebäude nötig ist.

Herne: Millionenkosten könnten durch Zuschüsse erheblich gesenkt werden

Die Realschule Sodingen, so Schnier im Ausschuss, sei „typisch für ihre Zeit“. Erbaut 1976, habe die Schule an der Castroper Straße 251 auf rund 8400 Quadratmetern viele ungedämmte oder nur gering gedämmte Bauteile, die Fenster hätten eine Einscheiben-Verglasung, geheizt werde mit Gas, gelüftet werde mittels geöffneter Fenster, und das Licht komme fast ausschließlich aus Leuchtstoff-Lampen. Das alles sei nicht gerade energieeffizient – und treibhausneutral schon mal gar nicht.

Die Fenster an der Realschule Sodingen haben nur eine Einscheiben-Verglasung, belüftet wird das Gebäude über gekippte Fenster. Im Bild: Schulleiterin Rabea Garczarek.
Die Fenster an der Realschule Sodingen haben nur eine Einscheiben-Verglasung, belüftet wird das Gebäude über gekippte Fenster. Im Bild: Schulleiterin Rabea Garczarek. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Der Innovation-City-Manager spricht sich für eine Photovoltaikanlage auf dem Flachdach aus, außerdem für eine Dreischreiben-Wärmeschutzverglasung sowie LED-Leuchten und eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Für die Wärmeversorgung gebe es zwei Möglichkeiten: Geothermie-Wärmepumpen oder einen Anschluss an das Nahwärmenetz der Siedlung Teutoburgia, also ein Grubengas-Blockheizkraftwerk. Die Kosten bezifferte Schnier je nach Variante auf 4,7 beziehungsweise 4,4 Millionen Euro. Da es aber Zuschüsse gebe, könnten die Kosten auf 2,9 beziehungsweise 2,7 Millionen Euro gedrückt werden.

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Die Folge für die Umwelt: Durch die Baumaßnahmen sei eine „signifikante Reduktion des Energieverbrauchs in den Bereichen Strom und Wärme möglich“. Konkret würden die CO2-Emissionen je nach Variante um 70 bis 90 Prozent gesenkt. Eine weitere Reduktion sei über die Nutzung von Ökostrom-Tarifen jederzeit möglich.

Und wie geht es nun weiter? Der Experte schlug Stadt und Politik vor, ein Energie-Managementsystem für alle städtischen Gebäude – zusammen haben sie eine Fläche von rund einer halben Million Quadratmetern – einzuführen. Dabei sollten die Energieverbräuche ausgewertet werden, um ineffiziente Betriebsweisen und Fehler in den Anlagen zu erkennen. „Das kostet nicht viel, bringt aber viel“, so Schnier. Im Fall der Realschule sollte nun ein Architekturbüro einbezogen werden, das ein Konzept für eine Kernsanierung erstellt. Nicht zuletzt sollte die Stadt Kontakt mit einer Gladbecker Gesamtschule aufnehmen, die bereits entsprechend saniert worden sei und Vorbildcharakter habe.

Stadtdirektor: Kosten können von Stadt nicht getragen werden

Die Kosten sind „eine Hausnummer“: Hernes Stadtdirektor Hans-Werner Klee.
Die Kosten sind „eine Hausnummer“: Hernes Stadtdirektor Hans-Werner Klee. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Stadtdirektor Klee zeigte sich nicht euphorisch. „Es ist hip zu sagen, wir machen alles klimaneutral“, sagte er im Ausschuss. Die Kosten seien aber „eine Hausnummer“ – und könnten von der Stadt gar nicht getragen werden. Hinzu komme: In den 350 bis 500 Millionen Euro, die eine energetische Sanierung aller städtischen Gebäude koste, seien unter anderem keine Planungskosten inbegriffen. Außerdem müsse die Schule auch generell saniert werden; auch diese Kosten kämen hinzu. Und: Die Baukosten explodierten gerade, wer weiß, was die energetische Sanierung der Gebäude in ein paar Jahren koste.

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Rabea Garczarek, Schulleiterin der Realschule Sodingen, würde sich über eine nachhaltige Sanierung freuen. Schulen, sagt sie zur WAZ, hätten auch eine Vorbildfunktion. Sei das Gebäude klimaneutral, dann könne sich das Umfeld daran ein Beispiel nehmen.

Eine Sanierung sei ohnehin nötig. Gerade auch die Heizungsanlage müsse erneuert werden. Vorstellen kann sie sich bei einer energetischen Ertüchtigung zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, aber auch ein gutes Lüftungssystem – gerade jetzt in Zeiten von Corona.