Herne. Für die Herner Sparkasse verlief das Geschäftsjahr 2021 „zufriedenstellend“, doch steigende Zinsen und die Inflation machen sich nun bemerkbar.

Hohe Inflation, steigende Zinsen: Die aktuell drängenden Probleme spiegeln sich auch bei der Herner Sparkasse wider. Vorstandsvorsitzender Antonio Blanquez sorgt sich angesichts der Rahmenbedingungen um die Kunden.

Wobei der Blick zurück zunächst positiv ausfällt: Das abgelaufene Geschäftsjahr bezeichnet Blanquez im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion als zufriedenstellend - trotz aller Probleme, die etwa Corona mit sich gebracht habe. Im Bereich der Kundeneinlagen habe die Sparkasse „enorme“ Summen von den Kunden bekommen. Da die Sparkasse angesichts der 2021 noch herrschenden Niedrig- bis Nullzinsphase ab 50.000 Euro Einlage Verwahrentgelte eingeführt habe, sei das Geschäft mit Aktien gut gelaufen, weil offenbar mancher Sparer mit dem Engagement an der Börse versucht habe, diese Verwahrentgelte zu vermeiden. Das Kreditgeschäft sei 2021 sogar sehr gut gelaufen: Die Sparkasse habe etwa 230 Millionen Euro an Neukrediten zugesagt. Das sei ein Rekordwert für die Herner Sparkasse, die damit über dem Durchschnitt des Sparkassenverbands liege. Der Jahresüberschuss habe bei 1,6 Millionen Euro gelegen.

Keine Ausschüttung für den städtischen Haushalt

Allerdings habe die Sparkasse 2021 keinen Beitrag zum - äußerst angespannten - Haushalt der Stadt Herne gegeben. Die Ausschüttung habe bei Null gelegen, so Blanquez, dies sei allerdings geplant gewesen. Der Grund: Die Sparkasse habe in den vergangenen Jahren „über Gebühr“ ausgeschüttet und habe ein Ertragsproblem. Zwar habe sein Haus gute Geschäfte gemacht, doch die Margen seien dürftig gewesen. Und die Sparkasse habe auf Grund des guten Kreditgeschäfts ihr Eigenkapital erhöhen müssen. Da sei für eine Ausschüttung nichts übrig geblieben.

Sparkassen-Vorstand Antonio Blanquez sieht mit der Inflation und den schnell gestiegenen Zinsen Herausforderungen auf sein Haus zukommen.
Sparkassen-Vorstand Antonio Blanquez sieht mit der Inflation und den schnell gestiegenen Zinsen Herausforderungen auf sein Haus zukommen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Angesichts der rasanten Inflation macht sich Blanquez Sorgen um die Kunden der Sparkasse: Wenn ein Privatkunde in finanzielle Schwierigkeiten gerate, sei irgendwann auch die Sparkasse betroffen - entweder direkt, weil der Kunde seine Darlehensrate nicht mehr zahlen könne. Oder indirekt, weil ein Hauseigentümer seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne, weil seine Mieter nicht mehr zahlen könnten. Bei den Gewerbekunden sieht Blanquez eine ähnliche Lage, weil auch sie mit Energiepreissteigerungen zu kämpfen hätten und vielleicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Damit nicht genug. Es könne passieren, dass Kunden, die zurzeit noch über die Runden kämen, plötzlich auf ein Darlehen angewiesen seien. Doch dann stelle sich die Frage, ob sie dann noch kreditwürdig seien. Blanquez geht davon aus, dass sich dieser Effekt im kommenden Jahr einstellen könnten.

Nachfrage nach Krediten ist eingebrochen

Die sprunghaft steigenden Zinsen sorgen bei der Sparkasse längst nicht für ungetrübte Freude, denn davon profitiert sie erst mittelfristig. Der Grund: Viele Kreditverträge seien in der Niedrigzinsphase abgeschlossen worden, meist mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Nur bei den Neuverträgen spielten die gestiegenen Zinsen eine Rolle. Auf der anderen Seite würden die Kunden aber erwarten, dass sie auch wieder für ihre Spareinlagen Zinsen bekommen. Und die Gesamtsumme der Spareinlagen sei größer als die des gesamten Kreditgeschäfts.

Mit Blick auf Kredite spüre man deutlich die Eintrübung beim Immobiliengeschäft. Im November hätten die Kreditzinsen noch bei unter einem Prozent gelegen. Angesichts des sprunghaften Anstiegs müssten sich Häuslebauer fragen, ob sie ihren Traum von den eigenen vier Wänden noch finanzieren können. „Wir merken, dass Projekte zurückgestellt oder Grundstücke zurückgegeben werden, weil die Baukosten so rasant gestiegen sind.“ Schwierig sei es für jene, die knapp kalkuliert hätten. Die Sparkasse merke das bei der Kreditnachfrage. Im ersten Halbjahr habe man noch ein sehr starkes Wachstum verzeichnet, nun sei die Nachfrage geradezu eingebrochen.

>>> NEUES TEAM HILFT KUNDEN BEI PROBLEMEN MIT DEM ONLINEBANKING

Ein weiteres Ausdünnen des Filialnetzes der Herner Sparkasse sei zurzeit kein Thema, so Blanquez. Allerdings beobachte man die Entwicklung und stelle fest, dass immer weniger Kunden in die Geschäftsstellen kommen. Die meisten würden Serviceleistungen abrufen, die aber auch über das Smartphone abgewickelt werden könnten. Seit wenigen Tagen gebe es in der Hauptstelle am Berliner Platz ein Team, das sich um Kunden kümmere, die Probleme mit dem Onlinebanking haben. Viele Besucher würden an den Serviceschalter kommen, um dort ihre Probleme beim Onlinebanking zu schildern, die Lösung übernehme nun das neue Team, das bald auch in der Niederlassung in Wanne anzutreffen sei.